Gemeinschaftspraxen Infektion vermeiden

Praxisführung Autor: ETL

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Ein Juniorpartner in der Gemeinschaftspraxis, der nicht als Mitunternehmer fungiert, kann die ganze BAG gewerblich „infizieren“, so das Finanzgericht Düsseldorf in einem neuen Urteil. In Gemeinden mit einem Hebesatz über 380 % kann das zu Einkommenseinbußen führen.

In einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sind neben den Inhabern oft auch noch Berufskollegen angestellt, die später eventuell als Juniorpartner in die BAG einsteigen. Jeder Mitgesellschafter ist dabei als Arzt eigenverantwortlich tätig und erzielt Einkünfte aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Arzt. Die Geschäfte der Praxis führen in einer BAG jedoch zumeist alle Ärzte gemeinschaftlich.

Probezeit für Juniorpartner

Die Gesellschafter der BAG möchten ihre Juniorpartner meist nicht sofort am Patientenstamm und den stillen Reserven (Praxiswert, Gebäude, Ausstattung) beteiligen. Deshalb wird vertraglich eine sogenannte Nullbeteiligung vereinbart: Der Juniorpartner wird damit zunächst nicht an den materiellen und immateriellen Werten der Praxis beteiligt, es wird jedoch ein späterer anteiliger Erwerb vorgesehen. Oft sind Juniorpartner auch nicht am Gewinn beteiligt, sondern werden nach Umsatz vergütet oder erhalten ein Festgehalt. Erst später erfolgt eine volle Aufnahme in die Gemeinschaftspraxis.

Dieser durchaus üblichen Gestaltung der schrittweisen Einbindung neuer Ärzte in eine BAG hat das Finanzgericht Düsseldorf nun einen Dämpfer verpasst. Die Finanzrichter verneinten die Mitunternehmereigenschaft eines jungen Arztes, da er nur ein äußerst geringes Mitunternehmerrisiko trage und auch nur eine äußerst geringe Mitunternehmerinitiative entfalten könne. Da der Juniorpartner als Nicht-Mitunternehmer aber eigenverantwortlich und ohne Überwachung und persönliche Mitwirkung der anderen Praxisgemeinschafter tätig werde, sei die Gemeinschaftspraxis gar nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. Die Null-beteiligung des Juniors führt damit zur gewerblichen Infizierung der gesamten ärztlichen BAG. Gewerbliche Infizierung bzw. Abfärbung bedeutet: Alle Umsätze, auch die originär freiberuflichen ärztlichen Umsätze der Seniorpartner, werden in gewerbliche Tätigkeiten umgedeutet und unterliegen neben der Einkommensteuer auch noch der Gewerbesteuer. Auf den nach Abzug eines Freibetrags von 24 500 Euro verbleibenden Gewerbeertrag wird eine Gewerbesteuer in Höhe von 3,5 %, multipliziert mit einem gemeindeabhängigen Hebesatz, erhoben. Die Hebesätze variieren zwischen 350 % (z. B. Friedrichshafen) und 490 % (z. B. München). Die zusätzliche Belastung mit Gewerbesteuer beträgt damit zwischen 12,25 % und 17,15 %.

Auf Einkommensteuer anrechenbar

Da die Gewerbesteuer teilweise auf die Einkommensteuer anrechenbar ist, wird die zusätzliche steuerliche Belastung abgemildert und kann möglicherweise vollständig vermieden werden. In Gemeinden mit Hebesätzen bis 380 % wird die Gewerbesteuerlast völlig kompensiert. Paradoxerweise bewirkt der Solidaritätszuschlag, dass es sogar bei Hebesätzen bis 400 % noch zu einer völligen Entlastung kommen kann. Doch Hebesätze von mehr als 400 % bewirken stets eine echte zusätzliche Steuerbelastung. Da dies in den meisten größeren Städten der Fall ist, sollten Gemeinschaftspraxen die gewerbliche Infizierung vermeiden.

Tipp: Ärztliche BAG sollten Verträge mit Juniorpartnern zeitnah prüfen. Wenn Finanzämter aufgrund einer Nullbeteiligung bereits gewerbliche Einkünfte festgestellt haben, sollte gegen die Steuerbescheide Einspruch eingelegt und dieser mit den beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahren begründet werden.


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10117 Berlin

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 35 (14) Seite 76
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.