Hund in der Sprechstunde Muss der Vierbeiner draußen bleiben?

Praxisführung Autor: N. Mittermaier

© Fotolia

Beim Veterinär alltäglich und unumgänglich, beim Hausarzt wohl eher eine Ausnahmesituation, mit der Praxismitarbeiter ebenso wie viele Patienten schwer umzugehen wissen: Ein Patient hat seinen vierbeinigen Begleiter zum Arzttermin mitgebracht. Wie sollte der Hausarzt in solch einer Situation reagieren? Wie ist ein Hund aus hygienischer Sicht zu werten? Welche räumlichen und organisatorischen Vorkehrungen lassen sich treffen, damit Konflikte mit und wegen Begleithunden gar nicht erst entstehen können?

Hintergrund dieses Beitrags ist die Anfrage eines Hausarztes an die Redaktion, der einen Kollegen, der ihn in seiner Praxis vertreten hat, nicht davon abbringen konnte, seinen Hund zum Dienst mitzubringen. Das Tier hielt sich während dieser Zeit im Sprechzimmer auf, verteilte seine Haare im Raum und beschnupperte auch ab und zu die Patienten.

Hund ist nicht gleich Hund

Es versteht sich von selbst, dass das geschilderte Verhalten des Kollegen nicht zu tolerieren ist, weil das Hygieneverständnis bei einem solchen Arzt wohl prinzipiell fragwürdig erscheint. In solchen Fällen wäre der Praxischef sicher gut beraten, diesen Kollegen als Vertretung abzulehnen. Viele Patienten dürften eine Situation wie die geschilderte ohnehin mit einem Arztwechsel quittieren. Andererseits ist die Annahme, dass ein Hund in der Praxis eines Humanmediziners grundsätzlich nichts zu suchen habe, so ebenfalls nicht richtig. Denn von einem gut erzogenen, einwandfrei gepflegten, parasitär prophylaktisch therapierten und geimpften Vierbeiner geht keinerlei gesundheitliche Gefahr aus. Dazu kommt, dass manch ein älterer, unsicherer oder behinderter Patient auf sein Tier angewiesen ist, um wohlbehalten zur Sprechstunde beim Arzt zu kommen. Für Blinde ist diese Hilfe sogar unabdingbar (siehe Kasten auf der gegenüberliegenden Seite).

Der Chef hat das Sagen

Es gibt keine Gesetzesnorm, die den Aufenthalt von Hunden in Arztpraxen verhindert. „Letztlich hat aber der Praxisinhaber das Hausrecht. Er kann frei entscheiden, ob er seinen eigenen Hund in die Praxis mitbringt, und ebenso, ob er erlaubt oder verbietet, dass Hunde von Patienten in die Praxis – oder in bestimmte Bereiche davon – kommen dürfen“, so die auf Tierrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries aus Wesseling.

Für alle Schäden, die ein Hund in der Praxis oder bei anderen Patienten anrichtet, muss der Hundehalter gemäß § 833 Satz 1 BGB haften. Allerdings ist ein Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen, wenn ein anderer Patient den Hund ungefragt streichelt und dann gebissen wird. Bei nachweislich durch das Tier entstandenen Erkrankungen von anderen Patienten haftet der Praxisinhaber. Frau Fries: „In meiner siebenjährigen Praxis habe ich allerdings noch keinen einzigen Fall gehabt, in dem es um einen Hund in einer humanmedizinischen Praxis ging.“

Patienteninformation zahlt sich aus

Blindenhunde sollten grundsätzlich auch beim Hausarzt willkommen sein. In allen anderen Fällen entscheidet der Arzt eigenverantwortlich und schadet letztlich sich selbst, wenn er nicht dafür sorgt, dass die nötigen, strengen Hygienevorschriften eingehalten werden. Hilfreich sein kann ein Schild oder ein Infozettel, der die Patienten über die „Hausordnung“ aufklärt. Eine wind- und wettergeschützte Fläche im Außenbereich der Praxis, wo Hunde angeleint werden können und Trinkwasser für sie bereitgestellt wird, ist sicherlich ein gern gesehener Service.

Kontakt
Norbert Mittermaier
Tierarzt
93450 Falkenfels

Blindenführhunde sind hygienisch unbedenklich, wenn ...

Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ist die Begleitung eines Blinden oder Sehbehinderten in der Arztpraxis durch einen ausgebildeten, gesunden und gepflegten Führhund sehr wohl vertretbar und stellt auch kein besonderes Risiko dar, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. Dr. Lutz Bader, Hygieneexperte der KVB, gibt dazu folgende organisatorische und hygienische Hinweise:

  • Beim telefonisch vereinbarten Arzttermin sollte der Patient im Voraus mitteilen, dass er seinen Führhund mitbringt. Bei dieser Gelegenheit sollte das Praxispersonal den Gesundheitszustand des Hundes ansprechen (insbesondere Ausschluss akuter Brechdurchfälle, Vorliegen der tierärztlich empfohlenen Impfungen und Parasiten-Prophylaxe).
  • Ein witterungsbedingt verunreinigtes Tier ist – am besten durch den Besitzer selbst – vor Betreten der Praxis abzutrocknen. Auch die Pfoten sind zu reinigen.
  • Der Führhund darf auch ins Sprechzimmer mitgenommen werden; allerdings nicht in Reinräume der Praxis (OP-Raum etc.).
  • Sollte eine Trennung des Patienten vom Hund erforderlich sein, sollte das Tier nicht im Wartezimmer verbleiben, sondern z. B. im Bereich der Rezeption unter der Aufsicht des Praxispersonals. Personal und Patienten dürfen den Hund nicht füttern, streicheln oder mit ihm spielen.
  • Für den Fall, dass das Personal den Hund doch berührt haben sollte, ist anschließend eine Händewaschung und -desinfektion durchzuführen.

Quelle: KVB Forum 4/2012

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (4) Seite 32-33
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.