Schneller zum Facharzt mithilfe der KV

Autor: Michael Reischmann, Foto: thinkstock

Ab dem 25. Januar muss der Facharzt-Terminservice der KVen laufen. Was überweisende Ärzte beachten müssen.

Der Hausarzt/Überweiser entscheidet, für welchen Patienten ein Termin binnen vier Wochen notwendig erscheint, bei dem also eine Vermittlung durch die Terminservicestelle infrage kommt. Die KVen bitten ihre Mitglieder, eingespielte Überweisungsverfahren wie den "Anruf beim Kollegen" in dringenden medizinischen Fällen nicht durch die Terminvergabe via Servicestelle zu ersetzen. Die KV Bremen gibt z.B. als Richtschnur aus: "Höchstens jede 20. Überweisung sollte über die Terminservicestelle abgewickelt werden."

Die Servicestelle fragt den Versicherten nach der Überweisung, seinen Kontaktdaten, Angaben zur Dringlichkeit (Codeaufkleber; in Nordrhein: "A" im Auftragsfeld = dringlich, "B" = nicht dringlich) und einer ggf. eingeschränkten Mobilität. Für Routineuntersuchungen und Bagatellerkrankungen gilt keine Vier-Wochen-Garantie, es reicht die Vermittlung in "angemessener Frist".

Anfahrt von über 30 oder 60 Minuten ist zumutbar

Als "verschiebbare Untersuchungen" führt Anlage 28 Bundesmantelvertrag-Ärzte auf: Früherkennungsuntersuchungen, Verlaufskontrollen bei nicht akuten Erkrankungen sowie Untersuchungen zur körperlichen oder psychischen Leistungsfähigkeit. Ob eine Bagatellerkrankung vorliegt, die ein Zuwarten von mehr als vier Wochen erlaubt, hat der überweisende Arzt zu entscheiden.

Termine zum Augen- oder Frauenarzt wegen einer akuten Erkrankung müssen von der Servicestelle auch ohne Überweisung vermittelt werden. Das heißt: Deren Mitarbeiter eruieren am Telefon, ob ein dringlicher Behandlungsbedarf oder eine Routineuntersuchung vorliegt. Die KV Hessen nutzt dafür ein Programm, das Mitarbeiter einer Augenarztpraxis entwickelt haben und selbst bei der Terminvergabe anwenden.

Der nächste Punkt ist: Gibt es einen Facharzt in zumutbarer Entfernung, zu dem vermittelt werden kann? Gemeint ist die Entfernung vom Wohnort des Patienten zum "nächsten erreichbaren geeigneten Facharzt" zuzüglich einer Fahrzeit mit Bus und Bahn von 30 Minuten in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung (z.B. Augen-, Hautärzte) bzw. plus 60 Minuten bei Spezialisten (z.B. Kardiologen, Radiologen).

Klinikärzte behandeln zulasten des KV-Budgets

Falls es nicht gelingt, rechtzeitig einen Termin beim Facharzt zu vermitteln, fragt die Servicestelle beim Krankenhaus an, das einen Arzt des gesuchten Fachgebiets gemeldet hat.

Das Krankenhaus kann den Versicherten "in der Regel sechs Wochen nach dem ersten Termin ambulant behandeln, sofern die folgenden Behandlungen erforderlich sind, um den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen", haben KBV und GKV-Spitzenverband vereinbart. Die Behandlung ist beschränkt auf die Leistungen des Fachgebiets, auf das die Überweisung ausgestellt ist, und wird aus dem KV-Budget bezahlt.

Die KV Hessen schätzt, monatlich ca. 25 000 Termine aufgrund dringlicher Überweisungen vermitteln zu müssen. Sie hat extra für die Servicestelle zehn Personen angestellt. Diese sind montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 14 unter einer Frankfurter Rufnummer erreichbar. Auch die Stellen der anderen KVen haben eingeschränkte Zeiten und eigene Rufnummern.

Die KV Niedersachsen hat für den Start ihrer zentralen Terminvermittlung einen Dienstleister engagiert und beobachtet die künftige Nutzung, um dann eventuell den Service in Eigenregie fortzuführen.

Die KVen machen eine Gratwanderung: Sie wollen den Bürgern klarmachen, dass diese sich weiterhin zunächst selbst um Termine bei ihrem Wunscharzt bemühen sollen, die Servicestelle also nur eine "Notlösung" ist. Deshalb wird wohl – anders als bei der Bereitschaftsdienstnummer 116 117 – weniger dafür getrommelt werden. Dennoch muss das Angebot funktionieren, will man nicht riskieren, dass sich die Politik erneut einmischt. Allerdings meinen die KVen nach wie vor: Die Terminservicestellen sind in erster Linie Symbolpolitik; sie lösen kein echtes Problem.

Bonus für Leistungen an gemeldeten Terminen

Wie umfang- und erfolgreich die Stellen Patienten zu Fachärzten vermitteln, wird sich schnell zeigen. Die KVen hoffen, dass die Fachärzte freiwillig genügend freie Termine melden. Die KV Niedersachsen gewährt sogar einen Bonus: Wer zwei freie Termine pro Woche, also 24 im Quartal, meldet, bekommt die hier erbrachten Leistungen unbudgetiert bezahlt – also frei von RLV, QZV und anderen Begrenzungsregeln (Abrechnung mit Pseudoziffer).

Ob dieser Anreiz zu genügend Meldungen führt, konnte die KV in Hannover in der ersten Januarwoche noch nicht sagen. Sie setzt bei den Terminmeldungen auf das Onlinesystem der KV Telematik, das letzte Woche noch nicht in Betrieb war.

AOK und TK honorieren eilige ärztliche Terminvereinbarung

Andere KVen ermunterten die Fachärzte, zunächst ihnen die freien Termine per Fax, Telefon oder E-Mail zu melden, wollen aber auch schnellstmöglich auf die elektronische Terminverwaltung umstellen.

Ohne die KV-Servicestelle läuft weiterhin die ärztliche Terminvermittlung aufgrund von Verträgen zwischen KV und Krankenkassen, etwa mit der AOK Plus und der Techniker Krankenkasse. Vereinbart der überweisende Arzt direkt mit dem weiter behandelnden Kollegen einen Termin innerhalb eines Tages oder einer Woche, bekommen beide dies extra honoriert. Die KV Thüringen möchte das auch mit anderen Kassen vereinbaren.


Quelle: Medical-Tribune-Bericht