Hygiene Umgang mit MRSA-Patienten

Praxisführung Autor: G.-C. Zinn

Multiresistente Staphylokokkus aureus-Stämme spielen außerhalb der Kliniken eine zunehmende Rolle. Die Bedeutung der MRSA-Patienten in der ärztlichen Praxis hat nun auch die Politik erkannt. Ab dem Spätherbst 2011 werden Screening wie auch Dekolonisierung von den KVen bezahlt.

Laut eigener statistischer Auswertungen sind ca. 15 % der Staphylococcus-aureus-Isolate in den Praxen methicillin-resistent. Der Anteil von cMRSA ist noch ziemlich klein und liegt bei etwa 3 %. Die absoluten wie relativen Zahlen sind bei den Allgemeinärzten, Internisten und Urologen höher als etwa bei den Pädiatern oder Gynäkologen. MRSA sind bei Gesunden regelmäßig nachzuweisen, führen aber hier nicht zu Erkrankungen. Infektionen finden vor allem bei mehrfach hospitalisierten Personen, bei Patienten mit Hauterkrankungen oder mit Immunschwäche statt. MRSA sind per se nicht virulenter als andere Staphylokokken-Stämme (Ausnahme: cMRSA).

Allgemeine Maßnahmen und spezielle Hygiene

Die folgenden empfohlenen Maßnahmen sollten in der Praxis in einer eigenen „Hygieneanweisung MRSA“ zusammengefasst werden.

  • Nur eingewiesenes Personal soll MRSA-positive Patientenbetreuen.
  • Mitarbeiter mit Hautläsionen oder Ekzemen dürfen keine Verbandswechsel durchführen.
  • MRSA-positive Patienten immer zum Ende einer Sprechstunde bestellen und nicht ins Wartezimmer, sondern direkt in den Behandlungsraum führen.
  • Alle MRSA-Patienten und deren Angehörige über die Gefahren aufklären (Informationsblatt aushändigen).
  • Krankenblatt und Ambulanzkarte kennzeichnen.
  • Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser haben sich gegenseitig bei Entlassung bzw. Einweisung zu informieren, falls beim Patient MRSA neu diagnostiziert wurde; auch Rettungs- und Krankentransportpersonal ist rechtzeitig darüber zu unterrichten (Infektionstransport).
  • Händedesinfektion: Nach allen Tätigkeiten mit Kontaminationsrisiko müssen die üblichen Regeln* äußerst sorgfältig befolgt werden; auch nach Benutzung von Einmalhandschuhen und immer vor Verlassen des Behandlungszimmers (auch wenn kein Patientenkontakt stattgefunden hat); eine Verbreitung des Keimes von der kolonisierten/infizierten Körperstelle in andere Regionen (z. B. von einer infizierten Wunde in den Nasen-Rachen-Raum) muss unbedingt vermieden werden.
  • Einmalhandschuhe/Schutzkittel tragen bei Versorgung von Wunden, Tracheostoma, Kathetern und Sonden; nach Kontakt mit infizierten oder kolonisierten Körperstellen Handschuhe ausziehen und Hände desinfizieren, auch wenn noch andere Untersuchungen am selben Patienten stattfinden.
  • Mund-/Nasenschutz: Chirurgische Maske tragen, wenn mit einer starken Aufwirbelung von Keimen zu rechnen ist (z. B. bei Inspektion von Nasen- und Rachenraum, beim Verbandswechsel bei einer ausgedehnten Wundinfektion).
  • Aufbereitung der Instrumente in üblichem Maße ist ausreichend; Müll, auch Verbandsmaterial, gehört zum Hausmüll.
  • Gezielt sofort desinfizieren bei Kontamination der Flächen und Geräte.

Mikrobiologische Untersuchungen

Für ambulante Patienten existiert in Deutschland (im Gegensatz zum Krankenhaus) noch kein offizielles MRSA-Screeningkonzept. Eine Untersuchung ist insbesondere vor elektiven, operativen Eingriffen anzuraten.

Abgeleitet von den RKI-Empfehlungen für das Krankenhaus können folgende MRSA-Risikogruppen auch für den ambulanten Bereich genannt werden:

  • Patienten mit Ulcus cruris, Tracheostoma, Dauerkatheter,
  • Patienten mit mehreren stationären Aufenthalten im letzten Jahr,
  • Patienten mit stationären Krankenhausaufenthalten im Ausland,
  • Patienten mit multiplen rezidivierenden Abszessen, chronischen Hautveränderungen.

Um das Ausmaß der Kolonisierung mit MRSA zu bestimmen, sollten Abstriche des Nasenraumes, des Rachens und von allen Wunden und Hautveränderungen (sowie ggf. des Perineums) entnommen werden.

Sanierung und Therapie

Es besteht Konsens, dass vor elektiven, operativen Eingriffen eine Dekolonisierung MRSA-positiver Patienten bereits ambulant erfolgen sollte.

Eine im Krankenhaus begonnene Therapie oder Sanierung soll nach genauer Anweisung des Krankenhauses unter ärztlicher Kontrolle zu Ende geführt werden. Nach einer erfolgreichen Sanierungstherapie müssen im Abstand von sechs Monaten und sodann jährlich Kontrollabstriche auf MRSA durchgeführt werden.

Eine Besiedlung bzw. Kolonisierung mit MRSA sollte nicht mit systemischen Antibiotika therapiert werden. Nur bei Infektionen soll systemisch antibiotisch therapiert werden. Hinsichtlich der detaillierten Therapie sei auf die Lehrbücher der Infektiologie verwiesen.

Steckbrief MRSA

MRSA sind Staphylokokken, die Resistenzen gegen Antibiotika wie Methicillin oder Oxacillin entwickelt haben. Die Resistenzen beruhen wahrscheinlich auf einer unkontrollierten Anwendung dieser Antibiotika in der Massentierhaltung. MRSA finden sich vor allem im Nasen-/Rachenraum, in der Leistengegend, im Dammbereich, aber auch in Wunden, Urin und Blut. Die Übertragung erfolgt durch Kontakt, überwiegend über die Hände. Vorkommen vor allem in Krankenhäusern.


cMRSA sind in der Bevölkerung erworbene (community aquired) MRSA mit etwas weniger starken Resistenzen, dafür höherer Virulenz, die vorwiegend außerhalb von Kliniken auftreten.

MRSA-Eradikation

  • Mupirocin-Nasensalbe (z. B. Turixin® 3 x täglich für 5 Tage)
  • Rachenspülung (z. B. Octenisept® 3 x täglich für 5 Tage)
  • Tägliche Körperwaschung und 2 x wöchentlich Haarwäsche (z. B. mit Octenisan® oder Octenisept®-Lösung 50 %, 1 : 1 mit Aqua dest. verdünnt; zwei Minuten einwirken lassen, danach mit normalem Shampoo nochmals waschen); nach dem Waschen bzw. Duschen (einschließlich Haarwäsche) Wechsel von Handtuch, Bett- und Unterwäsche
  • Für den Sanierungszeitraum dem Patienten Reinigungs- und Desinfektionsplan für die häusliche Umgebung an die Hand geben (übliche Flächendesinfektion mit den üblichen Mitteln und Konzentrationen einsetzen)
  • Desinfektion der persönlichen Gegenstände (Brille, Hörgeräte, Schmuck, Rasierer, Kamm, Zahnbürste etc.)
  • Mitbehandlung von positiven Angehörigen, Screening von im Haushalt lebenden Angehörigen und Haustieren

Autor:
Facharzt für Kinderheilkunde/Hygiene und Umweltmedizin
Ärztl. Qualitätsmanagement
Infektiologie (DGI)
Leiter des ZHI der Bioscientia
55218 Ingelheim/Rhein

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (15) Seite 26-27
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.