Investieren wegen der Steuer Unterm Strich steht oft ein Minus

Praxisführung Autor: M. Bandering

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Wenn die Steuerersparnis das Hauptmotiv für Investitionen in der Arztpraxis ist, kann die Genugtuung darüber ein teures Vergnügen werden – dann nämlich, wenn am Ende trotz Steuerersparnis weniger Gewinn übrig bleibt als bei einem Verzicht auf ausschließlich steuerlich bedingte Investitionen.

Kaufen Sie sich eigentlich für den Hausgebrauch im Dreijahresturnus jeweils einen neuen Computer, obgleich dessen technische wie wirtschaftliche Lebenserwartung sechs Jahre durchaus übersteigt? Oder einen neuen Rasenmäher, eine neue Kamera, eine neue Waschmaschine? „Keineswegs“, werden Sie wohl antworten. Denn ein selbst nur drei Jahre alter PC lässt sich nicht mehr oder allenfalls zu einem indiskutablen Preis verkaufen; es verbleiben nur die Entsorgungskosten. Zudem werden Sie zu Recht darauf verweisen, dass der Erwerb eines PCs im Dreijahresturnus angesichts von dessen mindestens sechsjähriger Lebenserwartung blanke wirtschaftliche Unvernunft ist.

Diese so einfache Rechnung aber verblasst urplötzlich, sobald „steuerliche Gründe“ ins Feld geführt werden. Und schon gar, wenn der Steuerberater auf auslaufende Abschreibungen verweist und neues Abschreibungsvolumen fordert, „um die Steuer zu drücken“. Wer auch wirft dem Staat freiwillig Geld in den Rachen, das ja oft auf vielfältigen Wegen verschleudert wird?

Den „steuerlichen Gründen“ nachgehen

Warum aber sollen steuerliche Gründe das wirtschaftliche Ergebnis des eingangs vorgestellten Beispiels so grundlegend verändern, ja ins Gegenteil verkehren? Um das Problem emotionsfrei und nüchtern-sachlich in den Griff zu bekommen, hat man die Auswirkung einer Investition auf das Kostengefüge des Betriebes und den steuerlichen Effekt zu bedenken.

Zwei Vergleichsrechnungen

Bleiben wir beim PC, den der Arzt anschafft. Er soll netto 1 000 Euro kosten und eine wirtschaftliche Lebenserwartung von mindestens sechs Jahren haben. Praxis A mustert ihn erst nach sechs Jahren gegen einen neuen aus; dabei anfallende Entsorgungskosten seien hier einmal vernachlässigt. Praxis B hingegen ersetzt ihn bereits nach drei Jahren erstmals durch einen neuen, nach weiteren drei Jahren wiederum, d. h. also jeweils nach Ablauf der vorgegebenen Afa-Zeit (Absetzung für Abnutzung), die mit drei Jahren anzusetzen ist. Vereinfachend lassen wir auch in diesem Fall die jeweils anfallenden Entsorgungskosten ebenso wie die Kosten und den Zeitaufwand für die Einrichtung des neuen Computers unberücksichtigt. Unterstellen wir jeweils unveränderte Anschaffungskosten und eine Ertragssteuerbelastung von jeweils 40 %, so ergibt sich für Praxis A folgende Sechsjahresrechnung:

1. Liquiditätsabfluss im Jahre 01 (Nettoanschaffungskosten): 1 000 Euro.

2. Abschreibungsvolumen in den Jahren 01 bis 03: jeweils 33 1/3 % aus 1 000 Euro = 333,33 Euro jährlich. Daraus errechnet sich ein Steuerentlastungsvolumen von dreimal 40 % aus je 333,33 Euro = insgesamt 400 Euro; in den Jahren 04 bis 06 fällt keine Afa mehr an.

3.Unter Berücksichtigung des steuerlichen Effekts verbleibt folglich ein Nettoaufwand von 1 000 Euro (Anschaffungskosten) abzüglich 400 Euro (steuerlicher Afa-Effekt) = 600 Euro, d. h. der wirtschaftliche Erfolg von Praxis A vermindert sich investitionsbedingt nach Steuern um insgesamt 600 Euro.

Ganz anders die Rechnung von Praxis B:

1. Liquiditätsabfluss in den Jahren 01 und 04 (Nettoanschaffungskosten) jeweils 1 000 Euro, zusammen also 2 000 Euro.

2. Abschreibungsvolumen in den Jahren 01 bis 03 (für den ersten PC) wie oben jeweils 33 1/3 % aus 1000 Euro = 333,33 Euro jährlich; Steuerentlastungsvolumen folglich dreimal 40 % aus je 333,33 Euro = insgesamt 400 Euro.

3. Das Abschreibungsvolumen in den Jahren 04 bis 06 (für den zweiten PC) führt analog dem der Jahre 01 bis 03 zu einem Steuerentlastungsvolumen von insgesamt 400 Euro.

4. Unter Berücksichtigung des steuerlichen Effekts verbleibt folglich ein Nettoaufwand von 2 x 1 000 Euro = 2 000 Euro. Davon abzuziehen sind 2 x 400 Euro = 800 Euro als Steuerersparnis. Der wirtschaftliche Erfolg von Praxis B verschlechtert sich investitionsbedingt nach Steuern um nunmehr insgesamt 1 200 Euro.

Obwohl in unsere Rechnungen nicht einmal die Kapitalkosten für den PC-Erwerb eingeflossen sind, fällt das Ergebnis im Falle B ungleich schlechter als im Fall A aus:

Investitionsbedingte Gewinnminderung im Sechsjahresablauf (nach Steuern):

Praxis A: 600 Euro

Praxis B: 1 200 Euro

Der Mehraufwand für Praxis B beträgt somit 600 Euro.

Wo also bleibt der Vorteil der Beanspruchung eines doppelten steuerlichen Afa-Volumens im Falle B? Wohl hat man „die Steuer gedrückt“, den dem Arzt zufließenden Gewinn nach Steuern jedoch ungleich mehr.

Fazit

Allein dieses simple Beispiel belegt den Unsinn einer Investition ausschließlich „aus steuerlichen Gründen“; dabei liegt unserer Beispielsrechnung nur eine Kleininvestition zugrunde.

Damit seien freilich wirtschaftlich sinnvolle Investitionen keinesfalls verteufelt; denn ohne sie kann keine Praxis überleben. Dazu zählt beispielsweise auch eine Ersatzinvestition namentlich bei alten Fahrzeugen und anderen Gerätschaften, deren laufende Instandhaltungskosten auszuufern beginnen. Darüber zu entscheiden aber hat der Rechenstift, den ein besonnener Praxisinhaber vorweg ansetzt. Dieser Grundsatz gilt übrigens auch für sogenannte Steuersparmodelle, die gutgläubigen Anlegern von damit prächtig verdienenden Initiatorengruppen immer noch laufend angedreht werden.

Michael Bandering

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (2) Seite 62-63
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.