Gicht und Niereninsuffizienz Welche Medikamente sind erlaubt?

Autor: B. Manger

Meine 80-jährige Patientin weist einen Harnsäurewert von 16 mg/dl auf. Gerade ist es zu einem Gichtanfall gekommen. Wie kann ich sie behandeln? Es bestehen zudem eine Niereninsuffizienz (Kreatinin um 2,4 mg/dl), ein Diabetes mellitus und eine globale Herzinsuffizienz.

Antwort: Die Behandlung der Gicht bei eingeschränkter Nierenfunktion stellt immer eine therapeutische Problemsituation dar, da die meisten Wirkstoffe hier relativ oder absolut kontraindiziert sind (NSAR, Colchicin, Allopurinol, Benzbromaron). Andererseits ist bei der geschilderten Behandlung wohl eine Behandlungsindikation gegeben, da sie bereits einen Gichtanfall hatte und die nächsten bei der hohen Serumharnsäure nicht lange auf sich warten lassen werden.

Im konkreten Fall würde ich wie folgt vorgehen: Therapie des Anfalls mit Prednison ca. 0,5 mg/kg Körpergewicht für drei bis fünf Tage, wobei hier natürlich auf den Blutzucker zu achten ist und ggf. die antidiabetische Medikation kurzfristig angepasst werden muss. Ein bis zwei Wochen nach Abklingen des Anfalls vorsichtiger Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie mit Febuxostat. Dieses kann bei mäßiger Niereninsuffizienz bis zu einer eGFR von 30 ml/min ohne Dosisanpassung gegeben werden. Bei höhergradiger Niereninsuffizienz liegen keine Erfahrungen vor. Was die Herzinsuffizienz angeht, so heißt es in der Fachinformation: „Bei Patienten mit ischämischer Herzkrankheit oder dekompensierter Herzinsuffizienz wird die Behandlung mit Febuxostat nicht empfohlen“, da in den Zulassungsstudien eine Erhöhung der Rate kardiovaskulärer Ereignisse beobachtet wurde, die Fallzahlen aber zu gering waren, um das Risiko beim Vorliegen von Begleiterkrankungen abschätzen zu können. In der 2010 publizierten CONFIRMS-Studie mit über 2000 Patienten mit Gicht und weiteren Risikofaktoren fand sich keine erhöhte Rate kardiovaskulärer Ereignisse unter Febuxostattherapie.

Unter erfolgreicher harnsäuresenkender Therapie kann es in den ersten Monaten paradoxerweise zu einer Erhöhung der Rate an Gichtattacken kommen, so dass eine Anfallsprophylaxe mit niedrig dosiertem Prednison 5 bis 7,5 mg/d sicherlich sinnvoll ist.

Insgesamt ist dies sicherlich eine knifflige therapeutische Situation. Es ist zu hoffen, dass durch die Zulassung neuer Substanzen (Interleukin-1-Hemmer zu Therapie und Prophylaxe des Gichtanfalls, Pegloticase zur Harnsäuresenkung) gerade in solch komplexen Situationen bald neue Therapieoptionen zur Verfügung stehen werden.

Kontakt
Prof. Dr. med. Bernhard Manger
Medizinische Klinik III
Universitätsklinik Erlangen
91054 Erlangen

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (20) Seite 48
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.