Office-Management Zeitplanung als Schlüssel

Praxisführung Autor: Sibylle May

Eine effiziente und effektive Arbeitsorganisation ist auch in der Hausarztpraxis wichtiger denn je. Damit unterliegt auch der Arbeitsalltag der Praxis-Managerin wachsenden Anforderungen hinsichtlich ihres Zeitmanagements, ihres Organisationsgeschicks, ihrer Fähigkeit, vieles gleichzeitig zu erledigen und unter einen Hut zu bekommen. Zugleich scheint häufig die Zeit zu fehlen, die nötig wäre, um etwas zu verändern. Mit Tipps für den ersten Schritt will dieser Beitrag die Praxis-Managerin dabei unterstützen.

Mal ganz ehrlich: Wissen Sie überhaupt, wo Ihre Zeit bleibt, was Sie den ganzen Tag so machen? Nein? Dann lesen Sie weiter. Starten Sie mit einer Tätigkeitsanalyse – nehmen Sie sich die Zeit dafür. Eine Tätigkeitsanalyse gibt Aufschluss darüber, wie Sie Ihren Arbeitstag organisieren. Wie entsteht so eine Analyse? Als praktikabel gelten zwei Wege.

1. Möglichkeit: Sie analysieren jeweils drei Tage hintereinander jeweils eine halbe Stunde Ihrer Arbeitszeit. Dabei fangen Sie mit der ersten halben Arbeitsstunde an. Wenn Sie Ihren Arbeitstag regelmäßig um 08:00 Uhr beginnen, starten Sie Ihre Tätigkeitsanalyse mit der ersten halben Stunde von 08:00 Uhr bis 08:30 Uhr. In dieser Zeit notieren Sie alle Arbeiten (und seien sie noch so unwichtig). In den darauffolgenden 2 Tagen ergänzen Sie Ihre Notizen. Am vierten Tag beginnen Sie mit der nächsten halben Stunde, also von 08:30 Uhr bis 09:00 Uhr. Auf diese Weise haben Sie nach ca. 6 Wochen einen Arbeitstag analysiert.

2. Möglichkeit: Sie legen ca. 6 Wochen lang einen Notizblock oder ein DIN-A5-Buch auf Ihren Schreibtisch. Immer wenn Sie daran denken, schreiben Sie dort auf, welche Aufgaben (auch die unwichtigen) Sie gerade erledigt haben.

Egal für welche Methode Sie sich entscheiden, in jedem Fall gewinnen Sie einen eindrucksvollen Überblick, welche Aufgaben Sie an Ihrem Arbeitsplatz bewältigen, wofür Sie Ihre Zeit verwenden oder manchmal auch verschwenden.

Der Nutzen einer Tätigkeitsanalyse


Sie fragen sich jetzt vielleicht: Wozu dient diese Tätigkeitsanalyse? Sie können aus ihr erkennen,

  • welche Zeitdiebe und Störfaktoren Ihren Arbeitstag beeinflussen,
  • welche Aufgaben zu Arbeitsblöcken zusammengefasst werden können, um sie schneller in einem Zug zu erledigen,
  • welche Aufgaben an Kolleginnen delegiert werden können, weil eine ähnliche Aufgabe zu deren Arbeitsbereich gehört (Beispiel: den Einkauf des Büromaterials an die Kollegin delegieren, die auch den sonstigen Praxisbedarf beschafft),
  • welche Aufgaben nicht mehr wichtig sind (und deren Wert schon lange nicht mehr hinterfragt wurde, weil sie zur Routine geworden sind).

Außerdem hilft Ihnen Ihre Tätigkeitsanalyse festzustellen, wie lange Sie für Ihre jeweiligen Aufgaben benötigen. Eine ganz besondere Bedeutung hat die Tätigkeitsanalyse, wenn Sie beispielsweise seit einiger Zeit für einen neuen Arzt arbeiten und die Zusammenarbeit mit ihm genauer reflektieren möchten. Gleiches gilt natürlich auch, wenn Sie neu an Ihrem Arbeitsplatz sind und nach einem halben Jahr ein Fazit für sich und/oder Ihren Chef ziehen möchten. In jedem Fall stellt eine Tätigkeitsanalyse eine gute Grundlage für Ihre Argumentation dar, einerlei in welcher Situation Sie argumentieren müssen.

Die Tagesplanung

Kennen Sie das? Sie haben sich morgens verschiedene Dinge vorgenommen, die Sie heute unbedingt erledigen wollen. Vielleicht haben Sie diese Aufgaben sogar schriftlich fixiert. Doch am Ende des Arbeitstages stellen Sie – mal wieder – fest, dass Sie nur wenige Punkte auf Ihrer Liste erledigt haben. Also kommen Sie zu dem Schluss, dass Tagesplanung an Ihrem Arbeitsplatz nicht funktioniert. Das stimmt allerdings nur teilweise. Wenn Sie versuchen, Ihren gesamten Arbeitstag durchzuplanen, ist das wirklich unrealistisch. Realistische Tagesplanung in der Arztpraxis bedeutet, die selbstbestimmte Arbeitszeit zu organisieren.

In der Regel stellen wir fest, dass die Arbeitszeit im Office zu 80 % fremdbestimmt und zu 20 % selbstbestimmt ist. Bei einem 8-Stunden-Arbeitstag haben Sie demzufolge rund 1,5 Stunden selbstbestimmte Arbeitszeit.

Die selbstbestimmte Arbeitszeit


So gehen Sie vor, wenn Sie den Zeitanteil der Selbstbestimmung optimal organisieren wollen:

  • Legen Sie fest, was Ihre wichtigsten Aufgaben sind. Fixieren Sie diese wichtigen Aufgaben schriftlich. Nutzen Sie dazu die Aufgaben in Outlook/Lotus-Notes.
  • Schätzen Sie den Zeitaufwand für jede Aufgabe und notieren Sie ihn ebenfalls.

Legen Sie den Zeitpunkt fest, zu dem Sie die Aufgaben erledigen können. Überlegen Sie, ob Sie in Outlook/Lotus-Notes einen realistischen Termin gewählt haben.

Fremdbestimmung reduzieren: Zeitdiebe und Störfaktoren

Zeitdiebe und Störfaktoren bestimmen den Arbeitsalltag in der Arztpraxis. Sie lassen sich so gut wie gar nicht vermeiden. Trotzdem sollten Sie Ihre Zeitdiebe kennen und einen Überblick über Ihre Störfaktoren haben. Nur was Sie auch im Blick haben, können Sie beseitigen.

Sie wissen zwar häufig genau, wer oder was Ihnen die Zeit stiehlt. Sie sind deshalb aber noch lange nicht in der Lage, die Ursache genau zu bestimmen oder gar zu vermeiden. Um Zeitdiebe und Störfaktoren zu beseitigen, sollten Sie deshalb jeweils Daten sammeln, Fakten bestimmen und Analysen erstellen.

Fehlende Zeitplanung und unzureichende Arbeitsmethodik

Unklare Zielsetzung: Sie brauchen zu viel Zeit, um Aufgaben zu erledigen, weil Ihnen die genaue Zielsetzung unklar ist.

Tipp: Hinterfragen Sie jeden Arbeitsauftrag bezüglich seiner Zielsetzung:

  • Was ist der Inhalt der Aufgaben?
  • Was ist das Ausmaß, was sind die Details?
  • Bis wann muss die Aufgabe erledigt sein?

Damit erreichen Sie eine dreidimensionale Zielsetzung hinsichtlich der Aufgabenstellung.

Versuch, zu viel auf einmal zu tun: Sie nehmen sich zu viele Aufgaben vor, die Sie an Ihrem Arbeitstag erledigen wollen. Am Ende stellen Sie immer wieder fest, dass einige Aufgaben unerledigt geblieben sind.

Keine Übersicht über alle Aktivitäten: Sie werden immer wieder von Aufgaben überrascht, die Sie zwar im Kopf hatten, an die Sie jedoch heute nicht mehr gedacht haben. Nun müssen Sie sie plötzlich zusätzlich zu Ihrem eigentlichen Arbeitspensum erledigen.

Tipp: Erfassen Sie jede Aufgabe in dem Augenblick, in dem sie an Sie herangetragen wird, in Ihrem DIN-A5-Notizbuch oder als Aufgabe in Outlook. Dadurch behalten Sie den Überblick.

Spontane Prioritäten: Ihre Arbeit wird immer wieder durch den Chef oder die Kollegen unterbrochen, die Sie um etwas bitten. Das führt dazu, dass Sie für eine Aufgabe unnötig viel Zeit brauchen, weil Sie ständig herausgerissen werden.

Tipp 1: Sagen Sie auch einmal "Nein". Je mehr die Kollegen es gewohnt sind, dass Sie alle Aufträge annehmen, desto häufiger werden sie auch auf Sie zukommen. Gerade bei Banalitäten sollten Sie deutlich "Nein" sagen:

  • "Da ist kein Papier mehr im Kopierer."
  • "Der Drucker druckt so komisch."
  • "Wie ging das noch mal mit dem Fax?"
  • "Können Sie mir schnell helfen?"

Meistens beginnen solche Banalitäten mit den Worten "Können Sie mal eben …".

Tipp 2: Versuchen Sie zuerst, Ihre Arbeit zu Ende zu bringen, bevor Sie sich um den neuen Arbeitsauftrag kümmern. Nicht immer muss alles auf der Stelle und sofort erledigt werden. Auch Chef-Aufgaben können durchaus etwas warten. Kündigen Sie an, dass Sie den Arbeitsauftrag bis um "xy" Uhr, bis zum Nachmittag oder Abend erledigen werden. Damit nehmen Sie sich auch selbst den Druck, alles sofort erledigen zu müssen. Notieren Sie den Auftrag in Ihrem DIN-A5-Buch. So geht nichts verloren.

Prioritäten

Prioritäten setzen heißt stets Schmerzen haben, weil die Entscheidung für etwas zugleich die Entscheidung gegen etwas beinhaltet. Wenden Sie als Hilfsmittel hier das "Eisenhower-Prinzip" an:

  • Aufgaben, die dringend und wichtig sind, muss ich selber erledigen und sofort in Angriff nehmen.
  • Aufgaben von hoher Wichtigkeit, die aber noch nicht dringlich sind, können warten (auf Termin legen).
  • Aufgaben, die keine hohe Wichtigkeit haben, aber dringlich sind, können delegiert werden.
  • Von Aufgaben, die weder dringlich noch wichtig sind, nehme ich Abstand (Ablage oder Papierkorb).

Eine weitere Unterstützung für dieses Prinzip bietet Ihnen dabei die ABC-Analyse. Stellen Sie sich 3 Ablagekörbe für die verschiedenen Aufgaben-Prioritäten auf den Schreibtisch (auch Mappen sind möglich):

Korb A: sehr wichtig und nicht delegierbar. Diese Aufgaben erfordern meist einen relativ geringen Zeitaufwand. Wenn sie erledigt sind, schaffen sie allerdings einen sehr hohen Wert.

Korb B: ebenfalls wichtig – jedoch erst zu einem bestimmten Termin. Eventuell sind solche Aufgaben sogar zu diesem Termin delegierbar.

Korb C: Routineaufgaben, welche die meiste Zeit in Anspruch nehmen und überwiegend Ihren Arbeitsalltag bestimmen. Sollten heute erledigt werden, können aber auch noch warten.

Effizienz am Arbeitsplatz durch gute Organisation: Checklisten und ihre Bedeutung


Sich optimal zu organisieren heißt in der Arztpraxis, Aufgaben so zu planen, dass sie so reibungslos und zeitsparend wie möglich abgewickelt werden. Dabei spielt die Übersichtlichkeit eine große Rolle. Grundlage einer guten Organisation sind Checklisten, die damit zu einer vorzüglichen Arbeitshilfe werden. Durch Checklisten gewinnen Sie eine hohe Transparenz Ihrer Aufgaben. Sie können damit jederzeit erkennen,

  • welche einzelnen Schritte zur Aufgabenlösung notwendig sind,
  • was Sie bereits erledigt haben und was noch offen ist,
  • welche Teilaufgaben Sie mit welchen Fristen und Ergebnissen delegiert haben und
  • was Sie tun müssen, wenn die Aufgabe so oder in ähnlicher Form einige Zeit später wieder auf Sie zukommt.

Checklisten müssen klar und übersichtlich sein. Betrachten Sie eine Checkliste als eine Handlungsbasis, die Sie jederzeit nach Bedarf verändern und anpassen. Richten Sie eine Checklisten-Börse auf dem gemeinsamen Praxislaufwerk im PC ein – so profitieren Sie alle voneinander.

Seminare

"Professionelles Praxismanagement: Souveränes Handeln und Wirken im Praxisalltag zum Wohle des Patienten" lautet der Titel eines schriftlichen Lehrgangs zur Praxis-Managerin in 7 Lektionen mit qualifiziertem Abschluss-Zertifikat, den die Autorin zusammen mit Antje Barmeyer an der Akademie für Chefarztsekretärinnen und Praxismanagement anbietet.


Autor:
Beraterin, Trainerin, Systemischer Coach, Mediatorin
40489 Düsseldorf
www.beratungsbuero-may.com

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (13) Seite 58-62
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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