Reform der Psychotherapie Zum 1. Juli 2017 mehr Geld für Gruppentherapien

Praxisführung Autor: Simone Leisinger

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Seit dem 1. April 2017 gilt die neue Psychotherapie-Richtlinie, mit der einiges in den Praxen durcheinandergewirbelt wurde. Für Zoff und Frust sorgt vor allen Dingen die enttäuschende Honorierung für die neu eingeführten Instrumente "Psychotherapeutische Sprechstunde" und "Akutbehandlung". Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Klar ist jetzt: Zumindest für die Gruppentherapie gibt es ab 1. Juli mehr Geld.

Betroffen von der Richtlinie sind alle Ärzte und Psychotherapeuten, die eine Genehmigung zur Abrechnung der Richtlinienpsychotherapie haben. Auch für Hausärzte mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie gelten bereits ab 1. April 2017 die neuen Spielregeln.

Die KBV hatte bis Ende März mit den Krankenkassen hart um die Vergütung verhandelt, im Erweiterten Bewertungsausschuss mussten die Ärzte dann eine Schlappe einstecken. Gegen diesen Beschluss hat die KBV beim Landessozialgericht Bremen Klage eingereicht. Und die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam. Wann ein Urteil gefällt wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Seit dem 1. April stehen oben genannten Ärzten und Psychotherapeuten jedenfalls zwei neue Instrumente zur Verfügung: die psychotherapeutische Sprechstunde und die Akutbehandlung.

Psychotherapeutische Sprechstunde

Mit der psychotherapeutischen Sprechstunde hat der Arzt die Möglichkeit, in bis zu drei jeweils 50-minütigen Gesprächen mit einem Erwachsenen abzuklären, ob ein Verdacht auf eine psychische Störung vorliegt, der Patient eine Akutbehandlung oder Richtlinienpsychotherapie benötigt oder ob ihm andere Unterstützungs- und Beratungsangebote (zum Beispiel eine Familienberatungsstelle) helfen können. Alternativ sind auch bis zu 6 Gespräche mit jeweils 25 Minuten möglich. Die Gespräche dürfen pro Krankheitsfall, also über vier Quartale angeboten werden.

Bei Kindern und Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr sind es bis zu 5 Gespräche von jeweils 50 Minuten (oder bis zu 10-mal je vollendete 25 Minuten) im Krankheitsfall. Neu ist, dass die Sprechstunde bis zu 100 Minuten auch mit relevanten Bezugspersonen (z. B. Eltern, Lehrer, Freunde) ohne Anwesenheit des Kindes oder Jugendlichen stattfinden darf.

Für die Abrechnung steht die EBM-Nr. 35151 – Psychotherapeutische Sprechstunde gemäß § 11 der Psychotherapie-Richtlinie zur Verfügung. Dafür gibt es nach derzeitigem Stand je vollendete 25 Minuten 406 Punkte. Das entspricht 42,75 Euro je 25 Minuten oder 85,50 Euro je 50 Minuten.

Die Akutbehandlung

Ein weiteres Instrument, das Ärzten neu zur Verfügung steht, ist die Akutbehandlung. Patienten sollen so stabilisiert werden, dass sie auf eine Richtlinien-Psychotherapie vorbereitet sind oder ihnen andere Maßnahmen empfohlen werden können.

Die Akutbehandlung ist nicht genehmigungspflichtig, die Kasse muss aber via Formular PTV 12 informiert werden. Soll nach der Akutbehandlung eine Richtlinientherapie erfolgen, sind mindestens zwei probatorische Sitzungen nötig. Die Akutbehandlung kann bis zu 24-mal im Krankheitsfall bei mindestens jeweils vollendeten 25 Minuten eingesetzt werden (insgesamt bis zu 600 Minuten). Das heißt, 12 Sitzungen von jeweils 50 Minuten sind in 4 aufeinanderfolgenden Quartalen möglich. Die erbrachten Stunden der Akutbehandlung sind Bestandteil des Therapiekontingents.

Für die Abrechnung steht die EBM-Nr. 35152 – Psychotherapeutische Akutbehandlung gemäß §13 der Psychotherapie-Richtlinie zur Verfügung. Bewertung je vollendete 25 Minuten: 406 Punkte. Das entspricht 42,75 Euro je 25 Minuten oder 85,50 Euro je 50 Minuten.

Entscheidend ist die Gruppengröße

Wurde bislang im EBM einfach in kleine und große Gruppen unterschieden, gibt es ab 1. Juli für alle Gruppengrößen von 3 bis 9 Teilnehmern nun jeweils eine eigene EBM-Nummer. Dazu hat der Bewertungsausschuss einen neuen Abschnitt 35.2.2. für Gruppentherapien in den Abschnitt 35.2. aufgenommen.

Hierbei gilt: Je größer die Gruppe, desto stärker wird das Honorar je Teilnehmer und 100 Minuten Sitzung für die verschiedenen Therapien abgestaffelt, und zwar folgendermaßen:

  • Gruppentherapie (GT) mit 3 Teilnehmern: 836 Punkte
  • GT mit 4 Teilnehmern: 704 Punkte
  • GT mit 5 Teilnehmern: 626 Punkte
  • GT mit 6 Teilnehmern: 573 Punkte
  • GT mit 7 Teilnehmern: 535 Punkte
  • GT mit 8 Teilnehmern: 507 Punkte
  • GT mit 9 Teilnehmern: 485 Punkte

Gültigkeit ab 1. Juli

Der Grund dafür, dass die neuen Vergütungsregelungen für Gruppentherapien erst zum 1. Juli in Kraft treten, ist laut KBV, dass die neuen Gebührenordnungspositionen rechtzeitig in den Praxisverwaltungssystemen integriert werden sollen. Dies sei bis zum 1. April nicht möglich gewesen.

Die bisher gültigen EBM-Ziffern für kleine Gruppen (3–4 Teilnehmer) und für große Gruppen (5–9 Teilnehmer) entfallen. Die Abrechnung von Gruppentherapien mit nur 2 Teilnehmern, die vor Einführung der neuen Psychotherapie-Richtlinie am 1. April beantragt wurden und derzeit als kleine Gruppe abgerechnet werden, erfolgt ab Juli mit einer bundeseinheitlichen Pseudoziffer.

Ab Juli werden außerdem Einzeltherapien und die Strukturzuschläge, die die KVen automatisch zusetzen, auf neue Nummern umgestellt. Außerdem erhalten die psychodiagnostischen Testverfahren andere EBM-Nummern. Die bisher gültigen EBM-Ziffern werden mit der Umstrukturierung des Abschnitts 35.2 gestrichen. Die Abrechnung darf dann nur noch mit den neuen EBM-Nummern erfolgen, teilt die KBV weiter mit.

Die neuen EBM-Nummern zu den Gruppentherapien, Strukturzuschlägen und psychodiagnostischen Testverfahren sind im Beschluss des Bewertungsausschusses, der am 8. Mai 2017 zur Abrechnung der Psychotherapie veröffentlicht wurde, nachzulesen unter: https://institut-ba.de/ba/babeschluesse/2017-05-08_ba396.pdf.


Autorin:
Simone Leisinger

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (11) Seite 60-62
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.