Künstliche Intelligenz Lernende IT-Systeme unterstützen zunehmend Ärztinnen und Ärzte
"Wir werden im Alltag bereits in zahlreichen Gebieten von KI begleitet“, sagte der Leiter des Stabsbereichs Digitalisierung der KBV, Dr. Philipp Stachwitz. Man finde sie in Suchmaschinen wie Google, in Empfehlungsalgorithmen bei Streaminganbietern wie Netflix oder Spotify und auch in Navigations-Apps auf dem Handy. „Bei vielen Dingen denken wir gar nicht mehr darüber nach, dass da KI drinsteckt.“
Dabei gebe es einen Unterschied zwischen der generativen KI, die seit zwei Jahren große Aufmerksamkeit auf sich ziehe, und den simpleren Varianten, die seit Jahrzehnten eingesetzt werden. Die traditionellen Systeme führten Aufgaben nach vorgegebenen Regeln aus. Die generative KI hingegen könne sich durch Maschinenlernen und Deep Learning auf Basis neuronaler Netze selbstständig an neue Daten anpassen und verbessern.
Auch in der Medizin sei die KI in etlichen Gebieten längst im Einsatz. Beispielsweise bei der Datenanalyse und Mustererkennung in der Radiologie, Sonografie und Endoskopie oder bei der Sprachverarbeitung als Telefonassistent und als interaktiver Chatbot. Außerdem schreite die Verdopplung des Wissens rasant voran, sodass immer mehr Verfahren und Methoden entwickelt werden. „Viele Ärztinnen und Ärzte spüren schon heute, dass sie etwas brauchen, das sie unterstützt“, so Dr. Stachwitz.
Johanna Schmidhuber vom Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme ergänzt, dass KI auch bei der Patientenreise hilft, z. B. bei der Terminbuchung, Diagnostik, Symptomanalyse und Abrechnung. Dementsprechend habe KI ein hohes Potenzial für die ambulante Versorgung.
KI als Werkzeug verstehen, nicht als Ersatz
Als KI-Trends in der Medizin führt Schmidhuber die Weiterentwicklung der Patientenrolle im Behandlungsprozess, die Betreuung im Krankenhaus und Alltag sowie Ressourcenallokation und Priorisierung an. Man dürfe jedoch auch die Risiken von KI nicht unterschätzen, diese seien sehr hoch. „Wir am Fraunhofer-Institut haben dafür ein Verifizierungsmodell entwickelt. KI muss transparent und erklärbar sein“, sagte Schmidhuber.
Man sollte KI als Werkzeug, das Empfehlungen formulieren kann, verstehen. Sie sei kein Ersatz für etwas, sondern eine Ergänzung. Wichtig sei ferner, dass die Technologie nicht nur effizient, sondern auch stabil und sicher funktioniere.
Ein konkretes Fallbeispiel für KI in einer KV schildert Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein. Die KV führte eine Dialog-KI ein, die Digital-Service-Assistentin „Katja“. Vorher mussten Mitglieder umständliche Wege über die KV-Homepage und verschiedene Service-Telefone für spezifische Anfragen beschreiten, um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Jetzt brauchen sie nur noch eine zentrale Service-Nummer wählen und die KI kümmert sich um die Anfrage. „Katja begrüßt jeden Anrufer, erkennt das Thema und versteht frei gesprochene Sätze“, so Dr. Bergmann.
Wenn Katja hin und wieder etwas nicht erkennt, wird eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter hinzugezogen. Das Projekt läuft mittlerweile seit zwei Jahren. Das Feedback sei sehr gut ausgefallen und die Digital-Service-Assistentin gut angenommen worden, berichtete Dr. Bergmann. „Die KI vermittelt monatlich Tausende Anrufer.“ Als einen wesentlichen Erfolgsfaktor macht der KV-Vorsitzende die „natürliche“ Interaktion mit der Künstlichen Intelligenz aus.
„Praxis4future“ zeigt die Zukunft moderner Praxen
Natürlich lief nicht alles reibungslos ab. Zu Beginn habe die Sprachassistentin manche Begriffe und Zusammenhänge nicht erkannt, sprachlich startete sie auf dem Niveau eines fünfjährigen Kindes. Doch durch permanentes Training wurde das System stabiler. „Die Sprache ist und bleibt eine wesentliche Schnittstelle der Menschen – wir wollen sie in den digitalen Prozess integrieren“, sagte Dr. Bergmann. Über die Zukunft moderner Praxen und die Digitalisierung informiert die KV Nordrhein auch in ihren multimedialen Räumlichkeiten in Köln und Düsseldorf („Praxis4future“). Praxisteams können sich dort beraten lassen. „Wir zeigen, was bereits heute möglich ist, und geben einen Ausblick, inklusive Künstlicher Intelligenz.“
Quelle: KBV-Herbsttagung 2024