Psychotherapeuten und Fachinternisten Mehr Behandlungsbedarf in den Städten
Anhand einer Bevölkerungsprognose sowie der präpandemischen Fallzahlentwicklung hat das Zi den Versorgungsbedarf für die nächsten Jahre kalkuliert. Mit Blick auf die Jahre 2017–2021 fällt ihm auf, dass die Nachbesetzungsquoten bei Hausärzten und Hautärzten unter 100 % verliefen – während die Fallzahlen künftig leicht steigen werden. Insgesamt rechnet das Institut mit „meist höheren Beanspruchungsindizes in städtischen gegenüber ländlichen Regionen“. Die einzige von elf betrachteten Fachgruppen, bei der die prognostizierte Inanspruchnahme bundesweit voraussichtlich sinken wird, sind die Frauenärzte.
Immerhin: Die Bedarfsplanungsreform 2018 greift. Die Nachbesetzungsquoten für die meisten Fachgruppen sind deutlich über 100 %, insbesondere auf dem Land. Als Herausforderungen werden aber u.a. die Altersstruktur der Ärzte (höherer Anteil an Ruheständlern in den nächsten Jahren) sowie der Trend zur Teilzeit gesehen. Mit seinen Berechnungen – die differenziert für KV-Regionen, auf Kreisebene und nach Fachgruppen verfügbar sind – will das Zi Hilfestellung für die künftige Bedarfsplanung geben.
2,7 Mio. Menschen mit psychischen Problemen
Den höheren Anstieg der Fallzahlen bei Facharztgruppen, die hauptsächlich an der Behandlung älterer Menschen beteiligt sind, erklärt der Zi-Vorsitzende Dr. Dominik von Stillfried mit Verlagerungen aus der stationären Behandlung, mehr Spezialisierung, mehr fachärztlicher Mitbehandlung und fachübergreifender Kooperation.
Dr. von Stillfried warnt auch: „Bisher betrachten wir die Ballungsräume als ärztlich überversorgt. Tatsache ist, dass wir dort eine besondere Zunahme des Versorgungsbedarfs erwarten müssen.“ Das betreffe insbesondere die Psychotherapie. Haben 2011 knapp 2,5 % aller gesetzlich Versicherten eine psychotherapeutische Leistung in Anspruch genommen, waren es 2021 bereits über 3,7 %. „2021 waren mehr als 2,7 Millionen Menschen in psychotherapeutischer Behandlung – das entspricht der Einwohnerzahl von Hamburg und Frankfurt zusammengenommen.“
Wie lässt sich dieser wachsende Bedarf auffangen? 5.000 zusätzliche Medizinstudienplätze wären schön, lösen das Problem aber nicht auf die Schnelle. Dr. Annette Rommel, Vorsitzende der KV Thüringen, setzt ihre Hoffnung auf multiprofessionelle Teampraxen, die neben ärztlichen und sozialmedizinischen Angeboten z.B. auch Physiotherapie umfassen. Solche Zentralisierungen seien mit dem Ausbau des ÖPNV zu verbinden, damit die Patienten zu den Praxen kommen können. Die KV-Chefin wünscht sich, dass die KVen MVZ gründen dürfen, in denen Ärzte als Angestellte – während besonderer Lebensphasen in Teilzeit – (weiter)arbeiten können. Schon jetzt betreibt die KV Stiftungspraxen zur Sicherstellung. Die Städte seien adäquat versorgt, findet Dr. Rommel.
Delegation ärztlicher Aufgaben ausweiten
Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, kann sich ebenfalls Filialen vorstellen, die mit Personen aus Gesundheitsfachberufen besetzt und telemedizinisch an eine Praxis angebunden sind. Dafür müsse das Delegationsprinzip erweitert und das Interesse von MFA und Pflegekräften an einer Weiterqualifizierung gesteigert werden. Das könne auch dazu beitragen, mehr dieser Menschen aktiv im Gesundheitssystem zu halten. Die Letztverantwortung für die Patienten habe allerdings immer in ärztlicher Hand zu bleiben.
Quelle: Zi-Diskussionsforum