Stiftung gründen Wie Ärzte sich sozial engagieren
Seien es vereinsamte Senioren, die eher zum Reden in die Sprechstunde kommen als wegen echter Beschwerden, oder Menschen mit Lernbehinderung, die Diskriminierung erfahren: Ärztinnen und Ärzten begegnen täglich Personen, die von der Gesellschaft zum Teil im Regen stehen gelassen werden. Mancher Mediziner würde gerne Gutes für sie tun, doch dafür bleibt im Praxisalltag keine Zeit.
Wer es wirklich ernst meint, kann sich allerdings trotzdem sozial einbringen – und z.B. eine gemeinnützige Stiftung gründen. Entgegen einiger Klischees ist dafür nicht zwingend ein hohes Vermögen notwendig. Die möglichen Förderbereiche sind vielfältig: Naturschutz, Sport, Bildung, Musik oder Kunst sind nur einige Beispiele. Im Folgenden drei Varianten gemeinnütziger Stiftungen.
1. Stiftung bürgerlichen Rechts
Eine Stiftung bürgerlichen Rechts ist ganz das „Projekt“ des Stifters. Sie kann als Ewigkeits- oder Verbrauchsstiftung errichtet werden. Der Stifter formuliert einen Stiftungszweck und eine Satzung, zudem plant er die Höhe des Grundstockvermögens sowie die Strukturen, die seine Stiftung einmal annehmen soll. Er muss die Stiftungsaufsicht davon überzeugen, dass die Stiftung ihren Zweck dauerhaft und nachhaltig erfüllen kann. Nur dann wird diese anerkannt.
Finanzieller Grundstock muss erhalten bleiben
Die Tätigkeiten der Stiftung werden aus den Erträgen ihres Vermögens finanziert, hinzu kommen Spenden und ggfs. Umschichtungsgewinne. Der finanzielle Grundstock selbst bleibt erhalten und kann durch Zustiftungen erhöht werden. Wie hoch das Errichtungskapital sein sollte, lasse sich pauschal nicht festlegen, erklärt Marie-Alix Ebner von Eschenbach, Leiterin des Bereichs Recht und Politik des Bundesverbands Deutscher Stiftungen. Die Aufsicht prüfe jeden Fall im Einzelnen.
Eine Praxis für obdachlose Menschen in Berlin
Vermögensverwaltung ist auch Laien möglich
Insgesamt sei die Verwaltung des Vermögens auch für Laien gut zu bewältigen, wenn diese sich ein wenig einarbeiten, so Ebner von Eschenbach. „Man sollte sich mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz vertraut machen und eine Anlagestrategie entwickeln “, so die Expertin. Zudem sollten Stiftende abwägen, ob sie z.B. das sogenannte „Impact-Investing“ wünschen. Dabei handelt es sich um Investitionen in Unternehmen, Organisationen und Fonds, die gesellschaftlich positive Entwicklungen fördern. Zudem kann gezielt in bestimmte Bereiche investiert werden. Derzeit geben viele Banken die Negativzinsen, die sie selbst für ihre Einlagen bei der EZB zahlen müssen, an ihre Kunden weiter. Es sei wünschenswert, wenn gemeinnützige Organisationen von diesen ausgenommen würden, meint Ebner von Eschenbach. Entsprechende Regelungen seien in Deutschland aber nicht in Sicht. In Österreich gebe es bereits eine Initiative, um eine Lösung auf europäischer Ebene zu finden.Reform des Stiftungsrechts tritt zum Juli 2023 in Kraft
Wie viel Arbeitsaufwand auf einen Gründer zukommt, hängt vom Konzept der Stiftung ab. „Geht es etwa darum jährlich Fördergelder für bestimmte Personen zu vergeben, reicht es möglicherweise, sich einmal im Jahr zusammenzusetzen“, erklärt die Expertin. Wolle die Stiftung aber viele Projekte initiieren, Fundraising-Veranstaltungen ins Leben rufen und Zustiftungen gewinnen, sei mit höherem Aufwand in Planung und Organisation zu rechnen. In jedem Fall muss die Stiftung der Aufsicht einen Jahresabschluss vorlegen und dokumentieren, wie sie ihrem Zweck nachkam. Des Weiteren kann es föderal unterschiedliche weitere Pflichten geben. So gebe es mitunter von Stiftungsaufsichten die Vorgabe einer jährlichen Wirtschaftsprüfung, sagt die Expertin. Der Bundesverband deutscher Stiftungen erhofft sich eine stärkere Vereinheitlichung durch die Reform des Stiftungsrechts, die dieses Jahr beschlossen wurde und zum 1. Juli 2023 in Kraft tritt. Es sei für angehende Stifterinnen und Stifter sinnvoll, sich die entsprechenden Regelungen schon jetzt einmal anzusehen, empfiehlt Ebner von Eschenbach. Da die Gründung und Verwaltung einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts je nach Größe etwas Zeitaufwand mit sich bringen kann, bietet sie sich etwa für Ärztinnen und Ärzte an, die nach einer erfüllenden Tätigkeit im Ruhestand suchen.2. Treuhandstiftung
Wollen Stiftende sich nicht um die Stiftungsverwaltung kümmern oder nur um einen bestimmten Teil davon, kommt eine Treuhandstiftung in Betracht. „Das ist ein beliebtes Modell, weil es nicht der Aufsicht untersteht“, so Ebner von Eschenbach. Es gibt zwei Möglichkeiten der Gründung. Schließen Stifter und Treuhänder einen Schenkungsvertrag, geht das Vermögen an den Treuhänder über, der es getrennt von seinem eigenen verwaltet und die Erträge für einen vereinbarten Zweck nutzt. Der Treuhänder sollte sehr vertrauenswürdig sein, betont Ebner von Eschenbach. Denn wenn dieser das Vermögen nicht im Sinne des Stiftungszwecks einsetzen sollte, könne der Stifter de facto kaum etwas daran ändern. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem Treuhänder bietet u. U. mehr Sicherheit. Auch Gründe für eine Kündigung des Vertrags können festgehalten werden. Die Gründung einer Treuhandstiftung setzt neben dem Errichtungsgeschäft (Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag) und der Satzung eine Treuhandvereinbarung voraus, in der die Bedingungen der Verwaltung geregelt werden. Bei Fragen zur konkreten Ausgestaltung sollte im Zweifel Beratung eingeholt werden. Bei der Auswahl eines Treuhänders bietet das vom Bundesverband Deutscher Stiftungen intiierte „Qualitätssiegel für Treuhandstiftungen“ Orientierung.3. Bürgerstiftung
Geht es darum, gemeinsam mit vielen Interessierten, aber wenigen finanziellen Mitteln im lokalen Umfeld Gutes zu tun, kommt die Gründung einer Bürgerstiftung infrage. Diese sind demokratisch organisiert und widmen sich einem breiten Feld gemeinnütziger Förderung. Unter anderem können sie Vereine und Initiativen unterstützen. Sie bauen ihr Vermögen kontinuierlich durch Zustiftungen von Bürgern auf, die dieses Engagement gutheißen. Natürlich helfen auch Spenden. Existiert im lokalen Umfeld eines angehenden Stifters bereits eine Bürgerstiftung kann dies für ihn auch interessant sein, weil sie als Treuhänder anderer Stiftungen eintreten kann.Medical-Tribune-Bericht