Intrazerebrale Blutungen „Absolute Fallzahlen werden vermutlich steigen“
In der Vergangenheit ließ die konstante Verbesserung von Risikofaktoren die Krankheitslast intrazerebraler Blutungen in Europa zurückgehen. Forscher vermuten, dass sich diese Dynamik zukünftig ändern wird. In einer Trendanalyse versuchten Hatem Wafa, School of Life Course and Population Health Sciences, King’s College in London, und Kollegen, die Inzidenz intrazerebraler Blutungen und die daraus resultierende Mortalität bis zum Jahr 2050 vorherzusagen. Ihr Modell berücksichtigt neben verschiedenen soziodemografischen Faktoren auch modifizierbare Risikofaktoren wie BMI, systolischen Blutdruck und Nüchternplasmaglukosespiegel.
Dem Modell zufolge wird es in Europa zwischen 2019 und 2050 zu einem Anstieg der Inzidenz intrazerebraler Blutungen um 0,6 % sowie der daraus resultierenden Mortalität um 8,9 % kommen. Die Wissenschaftler schreiben dies zu großen Teilen dem wachsenden Altersdurchschnitt der Bevölkerung zu – ein Effekt, der sich durch Verbesserungen in anderen Bereichen nicht mehr auffangen lasse. Bis 2050 sind über 80-Jährige im Modell für mehr als 60 % der Fälle intrazerebraler Blutungen verantwortlich. Bei den assoziierten Todesfällen steigt der Anteil dieser Altersgruppe von 51 % auf 73 %. Selbst im positivsten Szenario bleibt die Mortalität infolge intrazerebraler Blutungen bestenfalls stabil, die Inzidenz sinkt um 10 %. Im Negativszenario gehen die Wissenschaftler von einem Anstieg der Inzidenz um 17 % und der daraus resultierenden Mortalität um über 30 % aus. Der Forecast ist nicht für alle Länder Europas gleich: Den größten Anstieg an Inzidenz und Mortalität haben dem Modell zufolge Irland, Luxemburg und Zypern zu erwarten. Für das östliche Europa, z. B. Lettland, Bulgarien und Ungarn, werden sinkende Zahlen prognostiziert. Für Deutschland gehen die Wissenschaftler bis 2050 von einem leichten Rückgang der Inzidenz (-5,2 %), aber von einem 11%igen Anstieg der Mortalität gegenüber 2019 aus.
Quelle: Wafa HA et al. Lancet Reg Health Eur 2024; 38: 100842; DOI: 10.1016/j.lanepe.2024.100842