Chronisch-entzündliche Darmerkrankung Anhaltende Beschwerden trotz Remission?
Reizdarmsymptome sind bei CED sehr häufig – etwa ein Drittel der Patienten (11–63 %) sind betroffen. Das ist nicht verwunderlich, da beide Erkrankungen viele potenzielle Pathomechanismen teilen, erklärte Dr. Chloé Melchior vom Rouen University Hospital in Frankreich. Dazu gehört der Zusammenhang mit psychischen Stressoren, eine gestörte Hirn-Darm-Achse sowie eine erhöhte viszerale Hypersensitivität.
Vermehrt Schmerzrezeptoren vom Typ TRPV1
Auch eine gestörte Darmbarriere mit Aktivierung des Immunsystems durch Antigene und bakterielle Toxine und eine Beteiligung enteraler Nerven mit erhöhten Spiegeln des Schmerzrezeptors TRPV1 lässt sich bei beiden Erkrankungen finden. Eine Assoziation mit Angst und Depression zeigt sich ebenfalls bei beiden und die Lebensqualität ist ähnlich stark eingeschränkt.
Wie soll man die funktionellen Magen-Darm-Störungen bei CED-Patienten in Remission behandeln? Zuerst muss natürlich sichergestellt werden, dass die CED trotz der persistierenden Symptome wirklich unter Kontrolle ist, sagte Dr. Melchior. Dazu dienen die Bestimmung von CRP, fäkalem Calprotectin, die Endoskopie und ggf. eine MRT. Auch ein kolorektales Karzinom als Ursache der Beschwerden muss ausgeschlossen werden. Weitere Differenzialdiagnosen sind bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung, Infektion mit C. difficile, gallensäureinduzierte Diarrhö, Kohlenhydrat-Intoleranz und chronische Pankreatitis.
Ansonsten gibt es für die Behandlung des Reizdarmsyndroms bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen relativ wenig Evidenz. Wichtig ist die Aufklärung der Patienten über die Harmlosigkeit der Erkrankung, um ihnen die Angst zu nehmen.
Auch Antidepressiva können die Beschwerden lindern
Wie bei anderen Patienten mit Reizdarm orientiert sich die Therapie an den vorherrschenden Symptomen. Steht der Schmerz im Vordergrund, können Spasmolytika, aber auch Medikamente gegen neuropathische Schmerzen und Antidepressiva zum Einsatz kommen. Bei Diarrhö helfen motilitätssenkende Medikamente und Gallensäure-Sequestriermittel, bei Obstipation Laxanzien oder Beckenbodentraining. Unabhängig von den vorherrschenden Symptomen kann bei allen Patienten eine psychologische Therapie sinnvoll sein. Auch von einer Low-FODMAP-Diät oder der Einnahme von Probiotika können die Patienten profitieren. Wichtig ist es, bei einem verstärkten Auftreten von Symptomen immer wieder einen möglichen Rückfall von Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn auszuschließen, betonte die Gastroenterologin.
Quelle: United European Gastroenterology (UEG) Week 2022