Mikronährstoffe Auch die Kleinsten brauchen Nervennahrung

Autor: Dr. Franziska Hainer

Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ist bereits im Säuglingsalter für die Entwicklung von Bedeutung. Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ist bereits im Säuglingsalter für die Entwicklung von Bedeutung. © Alexandra – stock.adobe.com

Bei einseitiger Ernährung von Babys oder voll stillenden Müttern kann beim Kind ein Mangel an Eisen, Jod oder Vitamin B12 entstehen. Da die Nährstoffe für die Gehirnentwicklung unabdingbar sind, müssen sie in diesen Fällen supplementiert werden.

Eine Reihe von Mikronährstoffen ist für die Gehirnentwicklung im Säuglings- und Kleinkindalter unabdingbar. Prä- und postpartal erhöhen Mangelzustände das Risiko für neuronale Störungen, da die Gehirnentwicklung in dieser Zeit auf Hochtouren läuft. Darauf weisen Wissenschaftler um Dr. ­Kathrin Sinningen­ vom Forschungsdepartment Kinderernährung an der Ruhr-Universität Bochum in einer Übersichtsarbeit hin. Wichtig ist demnach etwa die Versorgung mit Zink, Kupfer und den Vitaminen A und D. In der Praxis relevanter sind jedoch vor allem Eisen, Jod und Vitamin B12, da sie bei einseitiger Ernährung nicht in ausreichendem Maß eingenommen werden.

Eisen

Eisen wird zur Myelinbildung, für die Monoaminsynthese und den neuronalen sowie glialen Energiemetabolismus benötigt. Durch einen postnatalem Eisenmangel können Kognition, Intelligenz und Motorik leiden. Im Säuglings- und Kleinkindalter ist das Risiko dafür besonders groß. Die pränatalen Eisenspeicher leeren sich in den ersten Lebensmonaten, sodass der Bedarf von 0,5 mg/d in den ersten vier Monaten auf 8 mg/d im zweiten Lebenshalbjahr ansteigt. Die Beikost sollte daher mit einem eisenreichen Brei begonnen werden. Häm-Eisen aus Fleisch hat eine bessere Bioverfügbarkeit als pflanzliche Eisenlieferanten. Haferflocken können als alternative Quelle dienen, möglichst mit Vit­amin-C-haltigem Obstbrei bzw. Saft, um die Bioverfügbarkeit des dreiwertigen Eisens zu verbessern.

Jod

Jod ist als Bestandteil von T3 und T4 zur Myelinbildung, neuronalen Proliferation und Synaptogenese erforderlich. Hypothyroxämie führt u.a. zu Gedeihstörung, kognitiver Entwicklungsverzögerung und Apathie. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung brauchen Säuglinge in den ersten vier Lebensmonaten 40 µg Jod/d. Vom fünften bis zwölften Monat sind es 80 µg/d. Während der Stillzeit ist die Jodaufnahme vom Gehalt in der Muttermilch abhängig – in Deutschland wird die Supplementierung stillender Mütter empfohlen. Wird die Beikost selbst hergestellt und Kuhmilch statt Säuglingsmilch verwendet, muss ebenfalls supplementiert werden (50 µg/d).

Vitamin B12

Vitamin B12 wird u.a. für die DNA-Synthese und den mitochondrialen Stoffwechsel gebraucht. Ein Mangel beeinträchtigt die Myelinisierung der Nervenfasern, die in den ersten sechs Monaten intensiv stattfindet. Für Methylierungsreaktionen bei der Synthese von Proteinen, Lipiden und Neurotransmittern ist Vit­amin B12 ebenfalls relevant.

Der Bedarf wird zunächst über die Muttermilch und mit Beginn der Beikost über tierische Ernährungsbestandteile gedeckt. Bei veganer Ernährung muss Vitamin B12 zwingend supplementiert werden. Insbesondere bei stillenden Müttern mit veganer Ernährung und/oder schlechter Vitamin-B12-Versorgung während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für ein Defizit im Säuglingsalter. Dieses kann sich im zweiten bis zehnten Lebensmonat durch teilweise irreversible Symptome wie Entwicklungsverzögerung und -rückgang, Reizbarkeit, Apathie, Anorexie, Erbrechen und megaloblastäre Anämie äußern. Die Autorin rät Familien, die in ihrer Ernährung bestimmte Lebensmittelgruppen ausschließen, sich hinsichtlich der Risiken beraten und ggf. Blutuntersuchungen durchzuführen zu lassen.

Quelle: Sinningen K et al. Kinderärztliche Praxis 2023; 170-174