Plattenepithelkarzinom Auch Immunsuppression und desmoplastisches Stroma sind für die Prognose  relevant

Autor:   Dr. Miriam Sonnet

Forschende analysierten, welche tumor- und patient:innenbezogenen Risikofaktoren beim Plattenepithelkarzinom mit einer schlechten Prognose einhergehen. Forschende analysierten, welche tumor- und patient:innenbezogenen Risikofaktoren beim Plattenepithelkarzinom mit einer schlechten Prognose einhergehen. © Saiful52 – stock.adobe.com

Nicht alle Erkrankten mit kutanem Plattenepithelkarzinom haben gute Heilungschancen. Welche tumor- und patient:innenbezogenen Risikofaktoren dabei mit einer schlechten Prognose einhergehen, analysierten US-amerikanische Forschende in einem systematischen Review. Die Ergebnisse könnten sowohl die Prognosestellung als auch Follow-up und Therapie der Erkrankung beeinflussen.

Das primäre Plattenepithelkarzinom der Haut (cSCC) ist prinzipiell heilbar, ein Teil der Betroffenen hat jedoch eine schlechte Prognose. Welche Faktoren mit u.a. Rezidiven und Metastasen assoziiert sind, prüften Kolleg:innen um Dr. George A. Zakhem, NYU Langone Health, New York, in einem systematischen Review mit Metaanalyse. Sie schlossen 129 Studien mit 137.449 Patient:innen und 126.553 Tumoren ein. Mehrere krebsbedingte Faktoren gingen mit einer schlechten Prognose einher:

  • Geschwulste an Lippe, Ohren und Kopfhaut waren mit einem signifikant erhöhten Risiko für Lymphknotenmetastasen (LM; Lippe: Relatives Risiko [RR]: 2,3; Ohr: RR 1,8; Kopfhaut: RR 2,5) und generell Filiae (AM; Lippe: RR 1,8; Ohr: RR 2,8) assoziiert.
  • Personen mit Tumoren ≥ 2 cm Durchmesser hatten ein signifikant höheres Risiko für Lokalrezidive (RR 2,0), LM (RR 2,0),
  • AM allgemein (RR 2,9) und Tod aus jeglichem Grund (RR 1,8).
  • Karzinome mit einer Invasion jenseits des subkutanen Fettgewebes hingen mit einem gesteigerten Risiko für Lokalrezidive (RR 9,1), NM (RR 2,0), AM (RR 4,0) und krankheitsspezifischem Tod (DSD; RR 10,4) zusammen.
  • Ulzerierte Geschwulste waren assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Lokalrezidive (RR 1,7) und DSD (RR 2,2).
  • Eine schlechte Differenzierung steigerte die Gefahr für Lokalrezidive (RR 2,4), NM (RR 2,6), Fernmetastasen (DM; RR 3,9), AM (RR 2,9), DSD (RR 5,9), Tod aus jeglichem Grund (RR 1,8) und lokoregionäre Rezidive (RR 2,6).
  • Ein desmoplastisches Stroma ging mit einem erhöhten Risiko für Lokalrezidive (RR 8,1), NM (RR 2,8), DM (RR 17,3) und DSD (RR 7,6) einher.
  • Eine Tumorknospung war mit einem gesteigerten Risiko für NM (RR 2,9) assoziiert.
  • Eine perineurale Invasion erhöhte das Risiko für Lokalrezidive (RR 4,1), NM (2,7), DM (RR 4,8), AM (RR 5,0), DSD (RR 7,5) und Tod aus jeglichem Grund (RR 1,8). Sie wies zudem unter allen Faktoren das höchste relative Risiko für DM und AM in mehr als einer Studie auf. Eine lymphovaskuläre Invasion steigerte das RR ebenso (Lokalrezidiv: RR 2,8; NM: RR 2,1; DM: RR 9,3; AM: RR 3,2; DSD: RR 8,8).

„Ohne Immunsuppression Risikoprofil unvollständig“

Patient:innenbedingte Faktoren waren ebenfalls mit einer schlechten Prognose assoziiert: darunter eine Immunsuppression (Lokalrezidive: RR 1,5; NM: RR 2,6; AM: RR 1,6; DSD: RR 2,7; Tod aus jeglichem Grund: RR 2,7; lokoregionäre Rezidive: RR 2,9). Stratifizierten die Wissenschaftler:innen nach den Gründen für die Immunsuppression, so ergab sich für Personen mit Organtransplantation ein gesteigertes Risiko für Lokalrezidive (RR 4,0) und NM (RR 38,6). Ebenso war die Gefahr für Lokalrezidive bei HIV-Erkrankten erhöht (RR 7,0).

Mohs-Chirurgie besser als Standardexzision

Die Behandlung selbst hatte ebenfalls einen Einfluss: So war die Inzidenz der untersuchten Parameter mit einer mikrografischen Mohs-­Chirurgie niedriger als mit der Standardexzision. Allerdings würden sich die 95%-Konfidenz­in­tervalle überlappen, betonen die Studienautor:innen.

Die Ergebnisse würden sich auf die zurzeit gültigen Stagingsysteme und Therapiealgorithmen für das invasive cSCC auswirken, schreiben die Forschenden in ihrem Fazit. Zurzeit würden die AJCC*- und BWH**-Klassifikation standardmäßig herangezogen werden. Beide beinhalten jedoch nur tumorspezifische Risikofaktoren. Weitere Parameter wie die Immunsuppression sollten für die Prognosestellung in Betracht gezogen werden, fordern die Forschenden, und gehen sogar einen Schritt weiter: Wird die Immunsuppression außer Acht gelassen, sei das Risikoprofil unvollständig. 

Auch Faktoren wie desmoplastisches Stroma sowie lymphovaskuläre und perineurale Invasion werden bisher in den Stagingsystemen nicht berücksichtigt; sie erhöhten den aktuellen Daten zufolge aber das Risiko für eine schlechte Prognose signifikant und sollten daher in zukünftige Stagingsysteme einfließen – ebenso wie eine geringe Krebsdifferenzierung. Die Expert:innen empfehlen außerdem, die Rolle der Tumorgröße im Zuge des Stagings neu zu evaluieren: Während die BWH-Kriterien alle Geschwulste mit ≥ 2 cm Durchmesser demselben Risiko zuordnen, unterscheidet das AJCC-System zwischen einer Größe von 2–4 cm und ≥ 4 cm. Die Metaanalyse deute jedoch darauf hin, dass die 2-cm-Grenze zur Stratifizierung am bedeutsamsten ist, was die BWH-Klassifikation stütze.

Engmaschigere Nachsorge für ausgewählte Patient:innen

Die Ergebnisse können außerdem zur perioperativen Beratung und Entscheidung für das weitere Vorgehen herangezogen werden, so die Autor:innen weiter. Den Daten zufolge könne es Sinn ergeben, Erkrankten mit Risikofaktoren wie desmoplastischem Stroma oder schlechter Tumordifferenzierung häufigere Follow-up-Untersuchungen und eine Bildgebung anzubieten. Eine engmaschigere Nachbeobachtung sei auch für Personen mit Immunsuppression sinnvoll. Die Metaanalyse stütze zudem die Mohs-Chirurgie als Erstlinie für das Hochrisiko-SCC (s. Kasten). Sie deute darauf hin, dass die Technik für alle immunsupprimierten cSCC-Erkrankten geeignet ist.

* American Joint Committee on Cancer 8
** Brigham and Women’s Hospital

Quellen:
Zakhem GA et al. JAMA Dermatol. 2022; DOI: 10.1001/jamadermatol.2022.5508