Akute Aortendissektion Bei der Diagnostik nicht auf die falsche Fährte führen lassen
Mit einer Inzidenz von etwa drei von 100.000 Einwohnern pro Jahr ist die akute Aortendissektion zwar ein relativ seltenes, aber lebensbedrohliches Ereignis. Je nachdem, in welchem Abschnitt die innere Schicht der Aorta eingerissen ist, muss so rasch wie möglich operiert oder eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden.
Neben typischen Beschwerden wie Thorax- und/oder Rückenschmerzen können bei einer akuten Aortendissektion auch atypische Symptome auftreten. Hierzu zählen beispielsweise Synkopen, Kurzatmigkeit, Schlaganfall, Paraparese bzw. Paraplegie, Bauchschmerzen, Beinischämie oder Kreislaufstillstand.
Da viele andere Krankheiten ein ähnliches klinisches Erscheinungsbild aufweisen sind Fehldiagnosen keine Seltenheit. Eine aktuelle Kasuistik von Katarína Zoričáková vom Luzerner Kantonspital und ihrem Team zeigt, wie wichtig es ist, im Rahmen der Diagnostik keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.
Im beschriebenen Fall suchte eine 75-Jährige aufgrund von Brustschmerzen, die seit mehr als sechs Stunden intermittierend auftraten, die Notaufnahme auf. Zusätzlich klagte die Patientin über Dyspnoe. Ihr systolischer Blutdruck war mit 183/100 mm Hg erhöht. Im Elektrokardiogramm zeigte sich ein frequenter Sinusrhythmus ohne Hinweise auf neu aufgetretene Re- oder Depolarisationsstörungen. Die laborchemischen Befunde waren unauffällig. So wurden keine erhöhten Entzündungswerte festgestellt und das Troponin T lag mit 11 ng/l im Normbereich (< 14 ng/l). Darüber hinaus fiel der Test auf D-Dimere negativ aus (Schwellenwert < 500 mg/l).
Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse schloss das behandelnde Team eine Perikarditis, eine Myokarditis, einen akuten Herzinfarkt und eine Lungenembolie als Ursache für die Beschwerden aus. Auch eine Aortendissektion zog es zunächst nicht als Differenzialdiagnose in Betracht, da die D-Dimere im Normbereich waren.
Mit Verdacht auf eine hypertensive Krise erhielt die Patientin ein Nitroglycerin-Pflaster und Amlodipin (10 mg). Nach Besserung der Symptome und Normalisierung der Blutdruckwerte wurde sie nach Hause entlassen. Doch bereits am Folgetag stellte sie sich wegen erneuter Beschwerden in ihrer Hausarztpraxis vor. Im weiteren Tagesverlauf kam es zu einer Verstärkung der Brustschmerzen sowie einer akuten Atemnot und schließlich zum Herz-Kreislauf-Stillstand. Nachdem die Patientin reanimiert wurde, brachte sie der Rettungsdienst erneut in die Notaufnahme.
Dort wurde eine Point-of-Care-Ultraschalluntersuchung durchgeführt, bei der sich ein Perikarderguss zeigte. Daraufhin führte das zuständige Team eine thorako-abdominelle Computertomografie durch. Dabei entdeckte es eine Dissektionsmembran der Aorta ascendens sowie ein ausgedehntes mediastinales Hämatom mit Kompression der rechten Pulmonalarterie.
Somit konnte schließlich die eingangs als unwahrscheinlich erachtete Diagnose einer Aortendissektion vom Stanford Typ A gesichert werden. Dieser Fall zeigt, dass auch bei negativen D-Dimeren eine Aortendissektion nicht komplett ausgeschlossen werden kann.
Quelle: Zoričáková K et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 226-229; DOI: 10.4414/smf.2024.1229131408