Süßes Blut macht die Zähne locker Bei Diabetes regelmäßig nach Parodontitis fahnden
Die Parodontitis führt zu einer fortschreitenden Zerstörung des Zahnhalteapparats. Die wichtigsten Merkmale sind klinischer Attachment- und Knochenverlust sowie parodontale Taschen und Blutungen bei Sondierung. Es entwickeln sich bakterielle Biofilme an und unter dem Zahnfleischrand. Diese induzieren eine immunentzündliche Reaktion und führen letztlich zu einer Zerstörung des parodontalen Gewebes und zum Zahnverlust.
Bei Menschen mit Diabetes und Hyperglykämien wird die Entwicklung der Parodontitis durch folgende Mechanismen begünstigt:
- übermäßige systemische Entzündung aufgrund erhöhter Glukosespiegel
- Störung der Funktion von Neutrophilen und T-Helfer-Zellen
- Hemmung der parodontalen Wundheilung durch die Bildung fortgeschrittener Glykationsendprodukte
Personen mit Diabetes sollten über den Zusammenhang zwischen zu hohen Glukosespiegeln und Schäden am Zahnhalteapparat unterrichtet werden. Wichtig zu wissen ist auch, dass eine bereits bestehende Parodontitis die Entwicklung von Diabeteskomplikationen wie Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen fördert. Umgekehrt erleichtert eine erfolgreiche Therapie des Mundleidens die Blutzuckereinstellung, heißt es in der von Prof. Dr. Sören Jepsen, Universitätsklinikum Bonn, koordinierten Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie und weiterer Fachgesellschaften.
Alle Personen mit der Glukosestoffwechselstörung sollten deshalb eine gründliche zahnärztliche Untersuchung einschließlich des Periodontiums erhalten. Auch wenn der Zahnhalteapparat noch gesund ist, werden weiterhin jährliche Kontrollen empfohlen, heißt es in der Leitlinie.
Diverse Symptome sprechen für eine bereits bestehende Parodontitis (siehe Kasten). Tritt eines der genannten Zeichen auf, sollte möglichst bald eine Zahnarztpraxis aufgesucht werden. Allerdings kann die Schädigung des Zahnhalteapparats auch ohne offensichtliche Beschwerden vorliegen und sich verschlimmern.
Gute Mundhygiene ist bei Diabetes besonders wichtig
Deshalb wird Betroffenen empfohlen, selbst wenn sie keine Erkrankung des Zahnhalteapparats vermuten, sich dentalmedizinisch untersuchen zu lassen. Damit können bereits Frühzeichen erkannt werden.
Personen mit Diabetes sollten Zähne und Gingiva besonders sorgfältig reinigen und pflegen. In der Zahnarztpraxis können sie dafür eine professionelle Anleitung erhalten. Dazu gehört ein zweimal tägliches Putzen mit der Hand- oder mit einer elektrischen Zahnbürste. Wichtig ist auch eine Reinigung der Zwischenräume mit Interdentalbürsten oder – wo diese nicht hinkommen – mit Zahnseide.
Warnzeichen für Parodontitis
- rotes, blutendes oder geschwollenes Zahnfleisch
- Eiter aus der Gingiva
- schlechter Geschmack
- länger erscheinende Zähne
- vergrößerte Zahnzwischen-räume
- Zahnstein und -beläge
Empfohlen wird außerdem die Verwendung spezieller Zahnpasten und/oder Mundspüllösungen mit nachgewiesener Anti-Plaque-Wirksamkeit. Zudem sollten die Stoffwechselerkrankten regelmäßig eine professionelle Zahnreinigung durchführen lassen.
Die Parodontitis verläuft chronisch und erfordert eine lebenslange Betreuung, betont die Leitlinie. Unbehandelt kann sie aufgrund der anhaltenden Entzündung die Blutzuckerkontrolle erschweren. Bei bereits fortgeschrittenem Zahnverlust ist ein entsprechender Ersatz wichtig, um die für eine gesunde Ernährung unersetzliche Kaufunktion zu erhalten.
Quelle: S2k-Leitlinie „Diabetes und Parodontitis“; AWMF-Register-Nr.: 083-015, www.awmf.org
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