Diabetes und Parodontitis sind eng miteinander verzahnt
Experten schätzen, dass es in Deutschland mehr als 20 Millionen Menschen mit behandlungsbedürftigen Parodontalerkrankungen gibt, davon dürften mindestens 8 Millionen schwer betroffen sein. Problematisch ist, dass man die Erkrankungen selten mit dem „bloßen Auge“ erkennt und sie weitestgehend schmerzlos verlaufen, so Professor Dr. Nicole B. Arweiler, Abteilung für Parodontologie der Philipps-Universität Marburg. Das verzögert häufig Diagnose und Therapie.
Verschiedene Faktoren wie fortgeschrittenes Lebensalter, Rauchen, psychosozialer Stress, Schwangerschaft, Ernährungsverhalten, genetische Disposition oder Diabetes mellitus begünstigen die Entwicklung einer Parodontitis. Für die Allgemeingesundheit können die Entzündungsherde im Mund massive Folgen haben, da es nicht selten zu bakterieller Dissemination und systemischer Inflammation kommt.
So entstehen Parodontalerkrankungen
Teufelskreis zwischen Diabetes und Parodontitis durchbrechen
Wie sich beides gegenseitig beeinflusst, erläuterte Professor Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger, Zentrum/Innere Medizin/Fünf Höfe, München: Hyperglykämie führt u.a. zu oxidativem Stress, setzt Entzündungsmediatoren frei und fördert die Entstehung von „advanced glycation endproducts“, die eine Parodontitis und eine parodontale Destruktion fördern. Umgekehrt werden bei Parodontitis z.B. vermehrt Stresshormone und Cortisol ausgeschüttet, was wiederum den Blutzucker erhöht. Dies macht sich in vieler Hinsicht klinisch bemerkbar:- Parodontitis erhöht die Wahrscheinlichkeit für (Prä-)Diabetes.
- Das Parodontitisrisiko hängt von der Blutzuckereinstellung ab.
- Hohe HbA1c-Werte gehen i.d.R. mit einem schweren parodontalen Krankheitsverlauf einher.
- Unter Diabetes schreiten parodontale Erkrankungen schneller voran und Betroffene sprechen schlechter auf die Therapie an.
- Je ausgeprägter die Parodontitis (Sondierungstiefe, Zunahme von entzündetem parodontalem Gewebe), desto schwieriger die Stoffwechselkontrolle (HbA1c-Anstieg).
- Eine Parodontitis erhöht die Prävalenz diabetischer Folgeerkrankungen.
- Diabetespatienten mit schwerer Parodontitis weisen gegenüber Zahngesunden mit Diabetes ein erhöhtes Mortalitätsrisiko auf.
Diabetesfrüherkennung durch den Zahnarzt?
Diese müssten ihrerseits bei Parodontitisfällen den Blutzucker kontrollieren und Risikoprofile erstellen – und damit zur Diabetesfrüherkennung beitragen. Der Gesundheitspass Diabetes sollte zudem ein zahnärztliches Konsil beinhalten, forderte Prof. Schumm-Draeger.Kongressbericht: Diabetes Herbsttagung 2019