Zähneputzen kann vor Diabetes schützen
Die Parodontitis, eine chronische bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparats, zählt mittlerweile zu den Volkskrankheiten. Die inflammatorischen Veränderungen beschränken sich dabei jedoch nicht nur auf Gingiva, Desmodont und den Alveolarknochen. Es drohen auch systemische Komplikationen, berichten Professor Dr. Yoonkyung Chang vom Ewha Womans University College of Medicine in Seoul und Kollegen.
Parodontitis sowie eine schlechte Mundhygiene prädisponieren für kardiovaskuläre Erkrankungen, beispielsweise Bluthochdruck, Myokardinfarkt und Schlaganfall. Das Team konnte nachweisen, dass bei einem desolaten Oralstatus auch das Diabetesrisiko steigt und dass umgekehrt regelmäßiges Zähneputzen vor der Stoffwechselerkrankung schützt. Die Wissenschaftler werteten Gesundheitsdaten von rund 188 000 Koreanern aus und erfassten dabei nicht nur akute und chronische Zahnbettentzündungen sowie Zahnverluste, sondern auch die Qualität der individuellen Mundhygiene (Zähneputzen, Zahnarztbesuche, professionelle Zahnreinigungen).
Etwa 18 % der Kohorte litten an einer Parodontitis und schätzungsweise 16 % entwickelten innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Diabetes. Unter Berücksichtigung potenzieller Störvariablen (Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status, regelmäßige Bewegung, Alkoholkonsum, Rauchen, kardiovaskuläres Risikoprofil, Krebserkrankungen, Laborbefunde) ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Mundhygiene und Diabetesrisiko. Bei einer Parodontitis stieg die Wahrscheinlichkeit für eine Diabetes-Neuerkrankung um 9 % und bei Personen, die bereits 15 oder mehr Zähne verloren hatten, sogar um 21 %.
Transiente Bakteriämie setzt Entzündungsmediatoren frei
Wer dreimal pro Tag oder häufiger seine Zähne putzte, hatte ein um 8 % niedrigeres Erkrankungsrisiko. Professionelle Zahnreinigungen schützten dagegen nur in der direkten Gegenüberstellung vor einem Diabetes. Bei der Entstehung der Zuckerstoffwechselstörung spielen womöglich mikrobiell getriggerte chronische inflammatorische Prozesse eine entscheidende Rolle, erläutern die Experten. Eine schlechte Mundhygiene und die damit verbundene Parodontitis provozieren über eine transiente Bakteriämie die Freisetzung von Entzündungsmediatoren, die dadurch einen systemischen Entzündungszustand aufrechterhalten. Dieser Prozess erhöht wiederum die Insulinresistenz und verschlechtert die glykämische Kontrolle. Vermutlich lässt sich dieser Spirale durch eine gute Mundhygiene – insbesondere durch häufiges Zähneputzen – entgegenwirken.
Quelle: Chang Y et al. Diabetologia 2020; DOI: 10.1007/s00125-020-05112-9