Operative Rekonstruktion Beim vorderen Kreuzbandriss spielt Zeit kaum eine Rolle
An der Frage, wie schnell ein Riss des vorderen Kreuzbands operiert werden muss, scheiden sich die Geister: Verfechter der frühzeitigen Rekonstruktion führen unter anderem das geringere Muskelatrophierisiko an, wogegen Befürworter der elektiven Spätrekonstruktion auf das geringere Fibrosierungsrisiko sowie mögliche funktionelle Vorteile verweisen. Eine von chinesischen Forschern initiierte Metaanalyse kommt nun allerdings zu dem Ergebnis, dass der Zeitpunkt der vorderen Kreuzbandrekonstruktion keinen wesentlichen Einfluss auf das Komplikationsrisiko und das postoperative Ergebnis hat.
Ein Team um Dr. Xianyue Shen von der Abteilung für Orthopädie am Zweiten Hospital der Universität Jilin in Changchun werteten die Daten von 972 Personen mit einer vorderen Kreuzbandverletzung aus, die an elf verschiedenen randomisierten kontrollierten Studien teilgenommen hatten.
Infektions- und Rezidivraten lagen annähernd gleichauf
In 487 Fällen war die Operation frühzeitig (acht Tage bis zehn Wochen nach der Verletzung), in 379 Fällen dagegen erst mit Verzögerung (vier Wochen bis drei Monate oder später nach dem Ereignis) durchgeführt worden. Die übrigen 106 Personen hatten ausschließlich eine Rehabilitationsbehandlung erhalten.
Die Früh- und die Spätrekonstruktion unterschieden sich weder bezüglich der Operationsdauer noch der Infektions- oder der Rezidivrupturrate. Gleiches galt für den Bewegungsumfang im Kniegelenk sowie die Gelenkstabilität. Die subjektive Kniefunktion war ebenfalls im Wesentlichen in beiden Gruppen ähnlich gut. Die Forschenden hoffen, dass die Ergebnisse ihrer Metaanalyse bei der Beratung betroffener Patientinnen und Patienten im Hinblick auf den optimalen Eingriffszeitpunkt von Nutzen sein werden.
Quelle: Shen X et al. JAMA Netw Open 2022; 5: e2242742; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.42742