Beim Asthma geht es um Remission Beschwerden lindern ist zu wenig

Autor: Dr. Franziska Hainer/Maximilian Rossol

Die Bestimmung des Phänotyps ist unerlässlich. Die Bestimmung des Phänotyps ist unerlässlich. © kues1 - stock.adobe.com

Viel hilft viel – so ließ sich bislang das Vorgehen bei der Asthmatherapie beschreiben. Medikamente wurden so lange aufeinandergestapelt, bis die Erkrankung möglichst gut kontrolliert war. Heute hingegen lautet die Devise: Symptomprävention durch eine individuelle Behandlung.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Asthmabehandlung durch unspezifische und kurzwirksame Medikamente geprägt, erinnerte Prof. Dr. Marek Lommatzsch von der Abteilung für Pneumologie am Zentrum für Innere Medizin, Universitätsmedizin Rostock. Sympathomimetika wie orale Ephedrinpräparate und Adrenalininhalatoren waren genauso alltäglich wie Anticholinergika in Form von Asthmazigaretten aus scopolaminhaltigen Stechapfelblättern oder Methylxanthine.

Eine Revolution brachten systemische Glukokortikoide und spezifische inhalative Betamimetika. Die Effekte dieser hochwirksamen Substanzklassen wurden allerdings durch erhebliche Nachteile erkauft: Bei Langzeitanwendung von Glukokortikoiden drohten die bekannten schweren systemischen Nebenwirkungen. Eine Monotherapie mit kurzwirksamen Betamimetika erhöhte wiederum die Asthmamortalität durch die paradoxe Steigerung der bronchialen Hyperreagibilität.

Heutzutage gilt die traditionelle Asthmatherapie mit ihrer Viel-hilft-viel-Strategie ohne Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Patienten als überholt. Denn das allgemeine und phänotypunabhängige Stufenschema führt oft zu einer undifferenzierten und ineffektiven Medikation, die zudem schwere Nebenwirkungen riskiert, kritisiert Prof. Lommatzsch. Und all das geschieht, ohne die zugrunde liegenden Entzündungsprozesse effektiv einzudämmen.

Vier Kriterien definieren die Remission

Doch wie in vielen anderen Bereichen der Medizin gilt seit 2023 auch in der Asthmatherapie das Treat-to-Target-Konzept. Das Therapieziel ist mittlerweile die Asthmaremission. Dafür müssen vier Kriterien dauerhaft, d.h. für ≥ 12 Monate, erfüllt werden:

  • Abwesenheit von Asthmasymptomen
  • Abwesenheit von Exazerbationen
  • stabile Lungenfunktion
  • kein Bedarf an systemischen Glukokortikoiden für die Asthmatherapie

Ermöglicht wird die Remission durch die Entwicklung von nebenwirkungsarmen, antiinflammatorischen Medikamenten wie inhalativen Kortikosteroiden (ICS), langwirksamen Betamimetika und langwirksamen Anticholinergika sowie von Biologika und Präparaten für die Allergenimmuntherapie (AIT). Biologika und AIT werden beim schweren Asthma je nach Phänotyp gezielt eingesetzt. Entscheidend sind unter anderem eine entsprechende Biomarkerexpression wie Bluteosinophile und Komorbiditäten wie eine chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen oder eine atopische Dermatitis.

Die Medikamente werden mit dem Begriff der disease-modifying anti-asthmatic drugs (DMAAD) zusammengefasst. Die Effekte der verschiedenen Substanzen bestehen darin, die Entzündung einzudämmen, die Asthmaexazerbationen zu reduzieren und so die Erkrankung langfristig unter Kontrolle zu bringen. Wesentlichen Fortschritt haben die sogenannten anti-inflammatory relievers (AIR) gebracht. Beispiele sind die verschiedenen ICS/Formoterol-Kombinationen, die sich sowohl präventiv als auch bei akutem Bedarf einsetzen lassen. Die Monotherapie mit kurzwirksamen Betamimetika gilt als veraltet, so Prof. Lommatzsch. Diese Medikamente sollen nur noch zusätzlich bedarfsweise eingesetzt werden.

In der neuen Asthmawelt gibt es jedoch noch Reibungspunkte. Um Asthmasymptome wirksam zu verhindern, ist es unerlässlich, die Patienten sorgfältig mittels Biomarker zu phänotypisieren. Diese Maßnahmen stoßen jedoch noch auf Widerstände. Der höhere diagnostische Aufwand und die zusätzlichen Kosten, wie beispielsweise bei der in der Asthmaleitlinie als unverzichtbar genannten FeNO-Messung, werden von einigen Ärzten und Kostenträgern kritisch gesehen. Als bedenklichen Aspekt dieses Widerstandes führt Prof. Lommatzsch die Bluteosinophilen an. Diese sind seit über 100 Jahren als wichtiger Biomarker bei Asthma bekannt, werden aber noch immer lediglich von einer Minderheit der behandelnden Ärzte bestimmt.

Moderne Therapien für bessere Patientenversorgung

Eine individuell angepasste Therapie bietet die Chance auf eine signifikant verbesserte Patientenversorgung, fasst Prof. Lommatzsch zusammen. Die Verschiebung von der symptomatischen hin zur präventiven Behandlung reflektiert dabei nicht nur den medizinischen Fortschritt. In diesem Wandel zeigt sich auch das verbesserte Verständnis für die Erkrankung und für die Bedürfnisse von Asthmapatienten im 21. Jahrhundert.

Quelle: Lommatzsch M Innere Medizin 2024; 65: 229-238; DOI: 10.1007/s00108-024-01666-7