Lymphome Beteiligung der Mikroglia im Gehirn lässt therapeutische Interventionen möglich erscheinen
Rezidivierte oder refraktäre maligne B-Zell-Tumoren werden seit einigen Jahren vermehrt mit CAR-T-Zellen behandelt. Neben einem nicht unerheblichen Anteil von Rezidiven und refraktären Verläufen wird diese Therapieoption durch teilweise schwere Nebenwirkungen limitiert, vor allem Zytokinfreisetzungssyndrome (CRS) und Neurotoxizitäten, sogenannte Immunzell-assoziierte Neurotoxizitätssyndrome (ICANS). Mithilfe von tierexperimentellen Modellen konnten Forschende die Pathophysiologie von ICANS bisher nicht vollständig rekonstruieren. Das änderte sich nun dank ausgefeilteren Tiermodellen und korrelativen Untersuchungen an Patient:innenmaterial.
Den Schlüssel zur Aufklärung der Mechanismen stellten syngene Mausmodelle für akute lymphatische Leukämien und Non-Hodgkin-Lymphome vom B-Zell-Typ dar, erläuterte Dr. Janaki Manoja Vinnakota, Uniklinik Freiburg. Die Wissenschaftler:innen behandelten Tiere mit diesen Tumoren mit genetisch identischen, gegen CD19 gerichteten CAR-T-Zellen. Mithilfe von konfokaler Mikroskopie und immunhistochemischen Methoden wiesen sie nach Übertragung der CAR-T-Zellen die Aktivierung myeloider Zellen und insbesondere von Mikroglia in den Gehirnen nach.
Validierung in Patient:innenproben
Mithilfe eines speziellen Positronenemissions-tomographischen Verfahrens und massenzytometrischer Analysen in Autopsiematerial von Personen mit ICANS und Kontrollen fanden die Forschenden in den Patient:innenhirnen Hinweise auf eine Aktivierung myeloider Zellen.
Kognitive Defizite vermeiden
Zunächst fand sich neben CRS eine erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke – teilweise bereits 24 Stunden nach Gabe der Zellen. Einzelzell-Untersuchungen brachten in den Mikrogliazellen die Expression von TNFa und GM-CSF zutage, die mit kognitiven Defiziten der Tiere korrelierte.
RNA-Analysen in isolierten Mikrogliazellen ergaben außerdem, dass die Familie der p38-MAPK aktiviert wurde. Bei diesem Prozess spielt die Serin/Threonine-Proteinkinase TAK1 eine Rolle: Deren pharmakologische Hemmung mittels des spezifischen Inhibitors Takinib verstärkte den Anti-Tumor-Effekt der CAR-T-Zellen, während gleichzeitig die Mikroglia-Aktivierung blockiert wurde. Die Folge war ein längeres Überleben der Versuchstiere bei verbesserter neurokognitiver Funktion.
Die Ergebnisse liefern starke Hinweise darauf, dass eine Schädigung der Blut-Hirn-Schranke eine durch TAK1 und p38-MAPK vermittelte Aktivierung von Mikroglia ermöglicht, die für Entzündungsvorgänge im Gehirn und in der Folge für das Auftreten von ICANS zumindest mitverantwortlich ist. Damit ergebe sich, so Dr. Vinnakota, eine Rationale für klinische Tests mit TAK1-Inhibitoren bei Patient:innen, die unter der CAR-T-Zell-Therapie ICANS entwickeln.
Quelle:
Vinnakota JM et al. 6th European CAR T-cell Meeting; BA02-2: Pathophysiology of ICANS is Mediated by Microglia Activation