Blind auf drei Augen: Tumoren, Infektionen und Gefäßkomplikationen häufig übersehen
Es sind vor allem falsche klinische Einschätzungen, die zu folgenschweren Fehldiagnosen führen. Dies entdeckten der Neurologe Dr. David E. Newman-Toker vom Johns-Hopkins-Universitätshospital in Baltimore und Kollegen, als sie 11 592 Fälle diagnostischer Fehler aus den Jahren 2006–2015 untersuchten.
Auf unterstützende Analyse-Systeme setzen
Datengrundlage waren Schadensersatzforderungen, die bei den US-Versicherungen registriert waren. Etwa 74 % der Fälle ließen sich den drei Haupt-Krankheitsklassen („Big-Three-diseases“) zuordnen. Die Hälfte entfiel allein auf ihre jeweils fünf häufigsten Vertreter:
- Gefäßprobleme (23 %), allen voran der Schlaganfall, gefolgt von Infarkt, venöser und arterieller Thrombose sowie Aorten-Aneurysma und -Dissektion in Klasse 1,
- Infektionen (14 %), v.a. Sepsis, aber auch Enzephalitis und Meningitis sowie spinale Abszesse, Pneumonie und Endokarditis,
- Tumoren (38 %): Lungen-, Brust-, Darm-, Prostatakrebs, Melanome.
Die meisten (auch schwerwiegenden) Fehldiagnosen wurden in Notfallambulanzen und ambulanten Kliniken gestellt. Dabei spielten in den Notaufnahmen ähnlich wie im stationären Setting vaskuläre Ereignisse und Infektionen die größere Rolle. In ambulanten Kliniken (ohne Notfallmedizin) wurde dagegen Krebs häufiger fehldiagnostiziert.
Was Ärzte falsch machen
- zu späte oder falsche Anordnung von Untersuchungen und Tests
- zu enger Fokus inkl. unzureichend berücksichtigten Differenzialdiagnosen
- falsche Einordnung relevanter Symptome oder Testergebnisse
- verzögerte oder nicht ausgestellte Überweisungen und Konsile
- Fehlinterpretation der Ergebnisse diagnostischer Studien
Quelle: Newman-Toker DE et al. Diagnosis 2019; online first