Blutsauger im Bett: Wanzenstiche zeigen sich gerne gruppiert oder im Zickzack
In den letzten Jahren hat sich der Wanzenbefall weltweit dramatisch ausgeweitet. Einer der Gründe: Die Tiere reisen in Koffer, Tasche und Rucksack von einem Ort zum nächsten. In Gebäuden verstecken sich die „Tapetenflundern“ tagsüber in dunklen Ecken wie Mauerritzen und Kabelkanälen, unter Fußbodenleisten, Lichtschaltern und Wandverkleidungen. Nachts rücken sie aus und stechen die ahnungslos schlafenden Bewohner.
Superinfektionen sind keine Seltenheit
Erkannt wird der Befall oft erst dann, wenn die Gepiesackten wegen unklarer Hautveränderungen medizinische Hilfe suchen, schreiben Dr. Philippe Parola und Dr. Arezki Izri von der Universitätsklinik Marseille.
Typisch für Wanzenstiche sind juckende, makulopapuläre erythematöse Läsionen mit einem Durchmesser zwischen fünf Millimetern und zwei Zentimetern. Sie können auch als Quaddeln, Vesikel oder Noduli imponieren, wobei eine Einstichstelle oft nicht zu erkennen ist. Die schmerzlosen Hautveränderungen befinden sich häufig an nachts unbedeckten Arealen wie Armen, Beinen, Gesicht und Nacken, seltener am Stamm. Sie treten oft gruppiert auf, im Zickzack oder in einer Linie. Häufig werden die Gestochenen bereits durch den Juckreiz geweckt, manchmal fallen die Stiche erst Tage nach dem Ereignis auf. Systemische Reaktionen wie generalisierte Urtikaria, Asthma und Anaphylaxien wurden ebenfalls beschrieben. Außerdem muss man mit Superinfektionen wie Impetigo, Follikulitis, Zellulitis oder Lymphangitis rechnen.
Die kutanen Symptome verschwinden meist innerhalb von ein bis zwei Wochen von alleine. Dr. Parola und Dr. Izri empfehlen, die Stiche mit Seife oder einem Antiseptikum zu reinigen. Bei starkem Juckreiz können Antihistaminika und topische Glukokortikoide wie Hydrokortison (1%ig, über eine Woche ein- bis zweimal täglich aufgetragen) für Abhilfe sorgen. Superinfektionen erfordern mitunter den Einsatz systemischer Antibiotika.
Robuste Tierchen
Staubsaugen, abbürsten und Textilien bei 60 °C waschen
Im Verdachtsfall müssen potenzielle Rückzugsräume der Wanzen wie Betten, Sofas und deren Umgebung peinlich genau untersucht werden. Als typische Hinweise auf einen Befall gelten Hautpanzer der Parasiten und schwarze Kotspuren auf der Matratze. Auch ein süßlich penetranter Geruch kann auf die Quälgeister hinweisen, weshalb professionelle Schädlingsbekämpfer bereits Hunde zum Nachweis einsetzen. Bei geringem Befall lassen sich die Wanzen mit speziellen Fallen dingfest machen. Zur Beseitigung empfehlen die Autoren chemiefreie Methoden. Mit einem Staubsauger kann man die Wanzenpopulation rasch dezimieren, wobei der Staubsack in eine Plastiktüte verpackt und entsorgt wird. Festhaftende Eier und Nymphenstadien werden durch Abbürsten oder eine Oberflächenreinigung entfernt. Textilien wie Kleidung, Bettbezüge und Decken werden bei 60 °C gewaschen, um die Wanzen abzutöten. Auch das Einfrieren bei -20 °C über mindestens zwei Stunden beseitigt Parasiten nebst Eiern. Allerdings erreichen die Kühlgeräte in den Haushalten oft nicht diese tiefen Temperaturen. Möbel mit nicht entfernbaren Überzügen und Matratzen können per Dampfbehandlung entwest werden. Auch das Aufheizen befallener Räume auf mindestens 55 °C über sechs bis acht Stunden vernichtet die Plagegeister zuverlässig.Die Chemiekeule bringt kaum etwas
Gegen konventionelle Insektizide einschließlich Pyrethroide sind Bettwanzen heutzutage weitgehend resistent. Außerdem dringen Insektensprays nicht in die Verstecke der Parasiten vor. Bei leichtem Befall führen die chemiefreien Methoden zum Ziel, ein zusätzlicher Nutzen für Insektizide ist nicht belegt. Prophylaktisch wirkt das Verschließen potenzieller Verstecke wie Wandritzen und -spalten. In Hotels sollte man vor dem Schlafengehen die Möbel kritisch inspizieren. Ist es zum Wanzenkontakt gekommen, müssen Gepäck, Kleidungsstücke und andere Besitztümer nach der Rückkehr sorgfältig gereinigt werden. Inzwischen weiß man, dass Bettwanzen mehr als 45 verschiedene Krankheitserreger in sich tragen und z.B. Borrelia recurrentis, den Erreger des Läuserückfallfiebers, mit dem Kot ausscheiden können. Allerdings setzen sie in der Regel keinen Kot ab, während sie stechen. Eine Übertragung infektiöser Agenzien auf den Menschen konnte bisher nicht nachgewiesen werden.Quelle: Parola P, Izri A. N Engl J Med; 382: 2230-2237; DOI: 10.1056/NEJMcp1905840