Schwer kranke Rheumatiker Bringt die CAR-T-Zell-Therapie Heilung?
In Erlangen haben bereits 15 rheumatologische Patienten eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten. Die Betroffenen litten an einem systemischen Lupus erythematodes (SLE), an einer idiopathisch-entzündlichen Myopathie (IIM) oder an einer systemischen Sklerose (SSc). Die erste Patientin – mit einem SLE schwerster Ausprägung – hatte man 2021 behandelt, berichtete Prof. Dr. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.
Schon sieben Tage nach der CD19-CAR-T-Zell-Therapie waren die B-Zellen der jungen Frau depletiert, drei Wochen nach der Infusion ließen sich dsDNA-AK nicht mehr nachweisen. Die Proteinurie verschwand und das C3 pendelte sich im Normbereich ein.
Inzwischen – zweieinhalb Jahre nach der Behandlung – ist die Frau gesund und führt ein normales Leben. Sie benötigt keinerlei Therapie und zeigt mit einem SLEDAI von 0 keine Zeichen einer Autoimmunität.
Damit ist sie kein Einzelfall, betonte Prof. Schett. Denn die anderen sieben Lupuspatienten befinden sich ebenfalls in kompletter Remission. Ähnlich gut fielen die Ergebnisse bei den drei IIM- und vier SSc-Patienten aus. Auch sie haben sich klinisch deutlich verbessert, erkennbar u.a. an normalisierten CK-Werten bzw. einem stark gesunkenen mRSS*. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass alle 15 Patienten keine Glukokortikoide und keine Immunsuppressiva mehr benötigen. „Die CAR-T-Zell-Therapie hat das Leben dieser Menschen verändert“, so das Fazit von Prof. Schett. Eine Patientin konnte z.B. Mutter werden, ein zuvor aufgrund schwerer Myositis bettlägeriger Patient ist inzwischen wieder voll berufstätig.
Bisher hat sich die Prozedur als sehr verträglich erwiesen. Das Follow-up beträgt bei der ersten Betroffenen inzwischen mehr als 800 Tage, bei sechs anderen über ein Jahr. Die Sicherheit ist fundamental besser als beim Einsatz der Therapie bei Malignomen. Ein Grund dafür ist Prof. Schett zufolge die Anzahl der B-Zellen, die attackiert werden. Bei Tumoren sei diese weitaus größer als bei Autoimmunerkrankungen und deshalb falle der Aktivierungsgrad viel höher aus.
Ein Zytokinfreisetzungssyndrom entwickelte sich, wenn überhaupt, nur in geringem Ausmaß. Auch Knochenmarksschäden sind bisher praktisch noch nie vorgekommen, berichtete Prof. Schett. Infektionen traten selten auf und waren in ihrem Verlauf mild, vermutlich weil die Patienten weder Glukokortikoide noch Immunsuppressiva einnahmen.
Geschickte B-Zell-Depletion
Die CD19-CAR-T-Zell-Therapie führt zu einer sogenannten tiefen B-Zell-Depletion. Dabei werden alle B-Zellen depletiert – mit Ausnahme der CD19-CD20--Plasmazellen. Auf diese Weise erwischt man offenbar die autoimmunen CD19-positiven B-Zell-Klone. Rekonstituieren sich die B-Zellen, fehlen die aus Plasmablasten hervorgegangenen B-Zell-Klone, die für die DNA-Doppelstrang-Antikörper verantwortlich sind, erklärte Prof. Schett. Übrig bleiben jedoch die CD19-CD20--Plasmazellen, die z.B. Antikörper gegen Infektionserkrankungen produzieren.
Die Leukozyten sanken durch die Konditionierungstherapie innerhalb der ersten zehn Tage ab. Allerdings blieb kein Patient für immer B-Zell-depletiert, berichtete Prof. Schett, die B-Zellen erholten sich komplett nach 100 bis 150 Tagen. Die CAR-T-Zellen waren bereits nach einem Monat kaum bis nicht mehr nachzuweisen. Auch die pathologischen Antikörper verschwanden größtenteils.
Die Antworten auf gängige STIKO-Impfungen (MMR, Pneumokokken, Tetanus, Corona) blieben dagegen bestehen. Wenn die Patienten neu geimpft werden, kommt es folglich zu einem guten Ansprechen der B-Zellen (siehe Kasten).
* modifizierter Rodnan Skin Score
Quelle: Kongressbericht Deutscher Rheumatologiekongress 2023