CCUS  Erhöhtes Risiko für myeloische Neoplasien

Acute Leukemias XIX 2025 Autor: Friederike Klein

In den Onkopedia-Leitlinien zum MDS ist die klonale Zytopenie unklarer Signifikanz als MDS-Vorläufer definiert. In den Onkopedia-Leitlinien zum MDS ist die klonale Zytopenie unklarer Signifikanz als MDS-Vorläufer definiert. © Toowongsa – stock.adobe.com

In den Onkopedia-Leitlinie zum Myelodysplastischen Syndrom sind potenzielle Frühformen der Erkrankung zu finden. Eine neu definierte, mögliche MDS-Vorläuferform ist die klonale Zytopenie unklarer Signifikanz.

Für ein CCUS*, eine potenzielle Vorstufe eines MDS, bestimmend sind eine idiopathische, anhaltende Zytopenie, molekulargenetischen Veränderungen ähnlich einem MDS und Blasten < 5 % im peripheren Blut und Knochenmark. Es fehlt aber eine Dysplasie gemäß MDS-Definition, erläuterte Prof. Dr. Agnieszka Wierzbowska, Universitätsklinik in Lodz. Für die Diagnose CCUS gefordert werden mind. eine somatische Mutation in einem Treibergen für myeloische Neoplasien mit einer Variantenallelfrequenz (VAF) von ≥ 2 % oder eine nicht-MDS-definierende klonale zytogenetische Aberration bei Patient:innen ohne myeloide Neoplasie. 

Eine CCUS kommt häufiger vor als ein MDS. In einer prospektiven Kohorte aus der klinischen Routine wiesen Menschen mit idiopathischer Zytopenie unklarer Signifikanz (ICUS), die auf ein MDS hin untersucht wurden, in weniger als jedem fünften Fall ein MDS auf; mehr als ein Viertel entsprach den Kriterien einer CCUS. Wie bei MDS werden auch im Falle einer CCUS häufig Alterationen in TET2, DNMT3A, TP53, ASXL1 oder SRSF2 gefunden. Nur SF3B1 war in der Gruppe der CCUS-Patient:innen kaum mutiert. Zellzahlen und VAF der Mutationen unterscheiden sich zwischen MDS und CCUS nicht.

Potenzielle Frühformen von MDS 
ICUS (idiopathic cytopenia of undetermined significance)Zytopenie vorhanden, molekulare und zytogenetische Aberrationen fehlen
IDUS (idiopathic dysplasia undetermined significance) dysplastische Veränderungen im Knochenmark, aber keine Zytopenien und keine molekularen oder zytogenetischen Aberrationen
CHIP (clonal hematopoiesis of indeterminate potential)molekulare Mutationen, vor allem DNMT3A, TET2, ASXL1 und Splicingfaktoren, aber keine Zytopenie
CCUS (clonal cytopenia of undetermined significance) Zytopenie, molekulare Aberrationen, keine Dysplasie

Quelle:
Hofmann WK et al. Onkopedia Leitlinie: Myelodysplastische Neoplasien (Myelodysplastische Syndrome, MDS)

Risikobewertung bei CCUS

Das Risiko für die Entwicklung einer myeloischen Neoplasie ist bei CCUS und mindestens einer somatischen Mutation um das 13,9-Fache gegenüber ICUS erhöht. Es wurden Risikofaktoren für die Entwicklung von myeloproliferativen Erkrankungen (MPN), MDS oder AML bei CCUS identifiziert. Aus den Befunden lassen sich Risikorechner entwickeln. Der Clonal Hepatopoieses Risk Score (CHRS) berücksichtigt als prognostisch ungünstige Variablen bei klonaler Hämatopoese allgemein:

  • keine einzelne DNMT3A-Mutation
  • Hochrisikomutationen (Alterationen in Splicingfaktor-Genen, AML-assoziierten Genen wie IDH1, IDH2, FLT3 und RUNX1, Mutationen in JAK2 und TP53)
  • mehr als zwei Mutationen
  • VAF ≥ 0,2
  • Alter ≥ 65 Jahre
  • CCUS vs. andere Formen einer klonalen Hämatopoese
  • Erythrozytenverteilungsbreite ≥ 15
  • mittleres Blutzellvolumen > 100 

In einer britischen Kohorte wiesen nach dem CHRS 1,1 % der Betroffenen ein hohes, 10,5 % ein intermediäres und 88,4 % ein niedriges Risiko für die Entwicklung einer myeloischen Neoplasie auf. Das ging mit einer Zehn-Jahres-OS-Rate von 51,2 %, 84,0 % und 93,7 % in den drei Gruppen einher. 

Der Clonal Cytopenia Risk Score (CCRS) wiederum berücksichtigt drei Schlüsselfaktoren für eine ungünstige Prognose bei CCUS: 

  • Nachweis einer Splicingfaktor-Mutation (2 Punkte)
  • Thrombozytenzahl < 100 × 109/l (2,5 Punkte)
  • ≥ 2 Mutationen (3 Punkte)

In die Hochrisikokategorie fallen etwa 10 % der Erkrankten. Ihr kumulatives Risiko, innerhalb von zwei Jahren eine myeloische Neoplasie zu entwickeln, beträgt 37 %. 

Prof. Wierzbowska rät für Personen mit CCUS mit hohem Risiko zu einer häufigeren Kontrolle, möglichst einmal im Jahr auch mit Next-Generation-Sequencing. Sie könnten zudem geeignete Kandidaten für Interventionsstudien sein, da sie am ehesten von einer Therapie profitieren könnten.

* clonal cytopenia of undetermined significance

Quelle:
Wierzbowska A. International Symposium Acute Leukemias XIX; Vortrag „CCUS progression to MDS/AML“