Vasovagale Synkopen Das geht ordentlich auf die Nerven

Autor: Nils Bröckelmann

Das Ziel der Eingriffe ist es, parasympathische Impulse zu unterbinden. Das Ziel der Eingriffe ist es, parasympathische Impulse zu unterbinden. © Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com

Wenn sich trotz konservativer Therapie immer wieder vasovagale Synkopen ereignen, kann man einen Therapieversuch durch Nervenablation erwägen. Vielversprechend scheint der Eingriff vor allem, wenn der Vagotonus den Herzrhythmus nachweislich bremst.

Die Therapieoptionen für vasovagale Synkopen für jüngere Patientinnen und Patienten (< 40 Jahre) sind gemäß aktueller Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Kardiologie dünn, schreiben Prof. Dr. Richard Kobza und PD Dr. Benjamin Berte vom Cardiopuls Medical Center Luzern. Eine „starke“ Klasse-I-Empfehlung erhielt lediglich die Aufklärung über die Erkrankung und über präventive Lebensstilmaßnahmen. Weitere Optionen mit optionaler Leitlinienempfehlung bei weniger klarer Evidenzgrundlage sind physikalische Gegendruckmanöver und das sogenannte Tilt-Training. In einigen Fällen versucht man eine medikamentöse Therapie, bei jungen Menschen mit Fludrocortison, ansonsten auch mit Midodrin. Eine Schrittmachertherapie kommt vor allem bei dokumentierter Asystolie in Betracht. Für jüngere Betroffene gibt es allerdings keine ausreichenden Nutzenbelege für einen Herzschrittmacher.

Es gibt auch Mischbilder der beiden Synkopenformen

Laut den Autoren gibt es erste Daten, die der Kardioneuroablation eine gute Wirksamkeit in der Rezidivprophylaxe von Synkopen attestieren. Man unterscheidet innerhalb der Gruppe der vasovagalen Synkopen zwischen solchen mit Vasodilatation und nachfolgendem Blutdruckabfall und kardioinhibitorischen Formen. Bei Letzteren ist aufgrund des übermäßigen Vagusnervtonus eine sekundäre Bradykardie bis hin zur Asystolie möglich. Vor allem bei dieser Form sehen Prof. Kobza und PD Berte eine Chance für die Ablation, wenn die Betroffenen wiederholt synkopieren. Es werden auch Mischbilder der beiden Synkopenformen beschrieben.

Das Ziel der Eingriffe ist es, parasympathische Impulse zu unterbinden, indem man gezielt perikardiale Ganglien destruiert, in denen die parasympathischen Nervenimpulse weitergeleitet werden. Die autonomen Nervenimpulse erreichen nach Umschaltung in den Ganglien sowohl Sinus- als auch AV-Knoten und können deren Aktivität regulieren. Nach ersten Studienergebnissen ist es vielversprechender, die Nervenplexus am linken oder beiden Atrien anzusteuern als allein die am rechten Vorhof. Die Nervenablation ist ein herznaher, invasiver Eingriff, somit sind potenziell schwerwiegende vaskuläre Komplikationen oder auch Embolien möglich. Nach der Intervention kommt es laut Prof. Kobza bisweilen zu Sinustachykardien.

Therapieoptionen für vasovagale Synkope*

  • Beratung, Prävention (beste Evidenz)
  • physikalische Gegendruck- manöver
  • Tilt-Training
  • Fludrocortison (bei Jüngeren)
  • Midodrin
  • Herzschrittmacher (bei dokumentierter Asystolie)

* gemäß ESC-Guideline

In die wohl einzige bisher verfügbare randomisierte Studie zur Kardioneuroablation bei vasovagalen Synkopen schloss man 48 Teilnehmende ein und verglich die Raten an Rezidivereignissen. In der Interventionsgruppe kam es nach einer Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren in 8 % zu einem Rezidiv – in der Kontrollgruppe in 54 % der Fälle. Auch eine Metaanalyse führen die Autoren an, in welcher man bei 465 Patientinnen und Patienten mit einem Durchschnittsalter um 40 Jahre eine Rezidivfreiheit von über 90 % erreichen konnte. Ein Vergleich mit einer Alternativmethode fand in dieser Analyse allerdings nicht statt.

Die Autoren räumen ein, dass Personen mit vasovagaler Synkope in besonderem Maße anfällig für Placeboeffekte sind. In jedem Fall fordern sie weitere randomisierte Studien und Untersuchungen, die echte und Scheininterventionen vergleichen, um eine solide Datengrundlage zur Bewertung der Kardioneuroablation zu schaffen.

Quelle: Kobza R, Berte B. Swiss Medical Forum 2024; 178-179; doi: smf.2024.1397762374