Defiweste verstaubt im Schrank

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Ein im Schrank hängendes Modell kann – nachvollziehbar – nicht helfen. Ein im Schrank hängendes Modell kann – nachvollziehbar – nicht helfen. © iStock.com/sirawit99

Frühestens 40 Tage nach einem Herzinfarkt kann man stark arrhythmiegefährdeten Patienten einen Defibrillator implantieren. Die tragbare Defiweste als Übergangslösung nützt nur theoretisch.

In den ersten Monaten nach einem Myokardinfarkt besteht ein hohes Risiko für einen plötzlichen Herztod durch Rhythmusstörungen, insbesondere bei erniedrigter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (EF). Da die frühe Implantation eines Cardioverter-Defibrillators (ICD) in zwei Studien keinen Überlebensvorteil zeigte, besteht gemäß der Leitlinien derzeit die Indikation frühestens ab dem 40. Tag nach dem Ereignis.

Der Kardiologe Dr. Jeffrey Olgin von der University of California in San Francisco und seine Kollegen haben in einer randomisierten Studie nun geprüft, ob eine tragbare Defibrillatorweste in der Übergangszeit die Gefahr senkt.1 Sie nahmen rund 2300 Patienten auf, die vor Kurzem einen Herzinfarkt erlitten hatten und deren EF bei ≤ 35 % lag.

Zwei Drittel der Teilnehmer erhielten neben der medikamentösen Standardtherapie das Gerät, das restliche Drittel bekam nur Medikamente. Die Weste erkennt über integrierte externe Elektroden gefährliche Arrhythmien und kann, ähnlich dem ICD, einen Elektroschock applizieren, um den Sinusrhythmus wiederherzustellen.

In der Gruppe der damit versorgten starben 1,6 % der Patienten bis Tag 90 aufgrund einer Arrhythmie, in der Kontrollgruppe waren es 2,4 %. Der Unterschied verfehlte aber die Signifikanz, der tragbare Schockgeber führte also nicht zu eindeutig besseren Überlebensraten.

Das muss nicht unbedingt an der generellen Unwirksamkeit des Systems liegen, meinen Dr. Michael Field von der Medical University of South Carolina in Charleston und Kollege in ihrem Kommentar.2 Die Bereitschaft der Patienten, die Weste durchgängig zu tragen (mindestens 20 Stunden pro Tag), sank im Verlauf: Taten das am Anfang noch 81 % der Teilnehmer, so lag dieser Anteil nach 90 Tagen bei 41 %.

Juckreiz, emotionale Belastung und nicht-indizierte Schocks

Und ein im Schrank hängendes Modell kann – nachvollziehbar – nicht helfen: In einer Per-Protocol-Analyse hatten die Studienautoren festgestellt, dass während des Tragens die Sterblichkeit durch eine Arrhythmie mehr als halbiert war (im Vergleich zu der Zeit, in der die Patienten darauf verzichteten), die Gesamtsterblichkeit sank auf etwa ein Viertel.

Die Kommentatoren raten daher, ausführlich über Vor- und Nachteile der Weste und die eingeschränkte Datenlage aufzuklären. Mögliche Nebenwirkungen umfassen u.a. Juckreiz, Rötung, nicht-indizierte Schocks und emotionale Belastung. Ihren eigenen Patienten bieten sie dann bei guter Motivation und hohem Risiko diese Option an. 

Quellen:
1. Olgin J et al. N Engl J Med 2018; 379: 1205-1215
2. Field M, Page R. A.a.O.: 1274-1275