Gastrointestinale Tumoren Dem Krebs auf der Spur

ASCO-GI 2022 Autor: Dr. Daniela Erhard

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ctDNA zu detektieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ctDNA zu detektieren. © iStock/jxfzsy

Egal ob Früherkennung, Therapieentscheidung oder Aufspüren von verbliebenen Krebsherden – bei all dem könnten DNA-Fragmente aus den Tumorzellen helfen. Noch steckt das Verfahren aber in den Kinderschuhen.

Sobald ein Tumor wächst, findet sich sein Erbgut nicht nur in den Krebszellen selbst, auch ins Blut gehen Fragmente davon über. Diese zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) lässt sich im Serum nachweisen und zeigt eine Krebserkrankung bereits dann an, wenn beispielsweise bildgebende Verfahren noch nichts von dem Übel ahnen lassen. Für die Früherkennung der seltenen Karzinome im oberen Verdauungstrakt könnten nicht-invasive Methoden sehr hilfreich sein, wie Dr. Naureen Starling, The Royal Marsden & Institute of Cancer Research, London, ausführte.1 Denn gerade die hepato-pankreato-biliären (HPB) Krebserkrankungen würden derzeit oft erst spät bemerkt.

Allerdings gibt es verschiedene Möglichkeiten, ctDNA zu detektieren. Und nicht jede eignet sich für alle Zwecke. „In der Früherkennung könnte methylierte DNA von Interesse sein“, erläuterte Dr. Starling. Sie sei eine große Quelle für Krebssignale und lasse Rückschlüsse auf die Lokalisation des Tumors zu. Tests, die gleich auf mehrere Krebsarten abzielen, könnten außerdem eine nützliche Option für die Praxis darstellen.

GALLERI-Test für Detektion von HPB-Tumoren

Beim Erkennen im Frühstadium gibt es aber offenbar noch Probleme. Das ist zwar generell auch beim GALLERI-Test so, er scheint sich aber besonders für HPB-Tumoren zu eignen. Denn bei Pankreas- und Gallengangskarzinomen lagen die Detektionsraten den Studien nach schon in den Stadien I und II bei 60–70 % oder höher – was sehr ermutigend sei, wie die Referentin betonte. Aktuell laufen in Großbritannien mehrere großangelegte Studien, die das Screening in der asymptomatischen Bevölkerung sowie Möglichkeiten, Diagnosen zu beschleunigen, weiter untersuchen.

ctDNA als frühes Indiz einer minimalen Resterkrankung

Ihr amerikanischer Kollege Prof. Dr. E. Scott Kopetz von der University of Texas, Houston, widmet sich dagegen dem Nutzen der ctDNA als Prognosefaktor nach definitiver Therapie und als Entscheidungshilfe in der adjuvanten Linie.2 Finde man nach Resektion oder anderer Behandlung ctDNA, komme das einem fast 100 % positiven Vorhersagewert für eine später auch radiographisch erkennbare minimale Resterkrankung gleich. Diese folge mit median einem Jahr Verzögerung. Allerdings gebe es auch Patienten, die ohne DNA-Nachweis ein Rezidiv erlitten. Das Outcome sei bei diesen ctDNA-negativen Personen aber sehr gut.

„Ich hoffe, dass die ctDNA die Ansätze der adjuvanten Therapie ändern wird“, sagte der Experte. Allerdings kenne man die Stärken und Schwächen solcher Strategien noch nicht gut genug. Aktuell werde der Nutzen in der Praxis untersucht. Unter anderem arbeitet man an der Entwicklung und dem Einsatz von neuen kurativen Therapien bei postoperativ oder nach adjuvanter Behandlung ctDNA-positiven Patienten. Hierbei liegt ein Fokus auf mRNA-Vakzinen.

Wahrscheinlichkeit für Rückfälle achtmal höher

Auf den Nutzen von ctDNA speziell beim duktalen Pankreaskarzinom ging Dr. Gregory Botta ein.3 Wie der Forscher von der University of California San Diego in La Jolla berichtete, kann sie auch bei diesem Krebs ein Prädiktor für das rezidivfreie Überleben sein.

In einer Studie fanden er und seine Kollegen drei verschiedene Patientengruppen: Einige Teilnehmende wiesen unabhängig von der Therapie, die sie erhalten hatten, stets ­ctDNA auf – und die Konzentration stieg mit der Zeit auch weiter an. Andere waren zunächst ctDNA-negativ, wurden aber später, teilweise nach einer adjuvanten Therapie, positiv und erlitten ein Rezidiv. „Und dann gab es die Gruppe, die wir alle sehen wollen“, so der Onkologe. Anfangs noch ctDNA-positiv, aber nach adjuvanter Therapie anhaltend negativ und rezidivfrei.

Seinen Daten nach war die Präsenz der Nukleinsäuren mit einer achtmal höheren Wahrscheinlichkeit für Rückfälle verbunden. Mit dem sonst bei diesem Krebs verwendeten Marker, CA19-9, ließ sich eine solche Vorhersage dagegen nicht treffen.

Quellen:
1. Starling N et al. ASCO-GI 2022; Vortrag „ctDNA as a Tool for (Early) Diagnosis“; Session „Emerging Roles of ctDNA on the Horizon of Gastrointestinal Cancers“
2. Kopetz ES et al. ASCO-GI 2022; Vortrag „ctDNA as a Tool fo Detect Minimal Residual Disease after Surgery“; Session „Emerging Roles of ctDNA on the Horizon of Gastrointestinal Cancers“
3. Botta G et al. ASCO-GI 2022; Abstract 517
2022 ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium