Typ-2-Diabetes Den Schlaf beim Diabetesmanagement berücksichtigen
Schlaf ist ein aktiver Zustand, in dem metabolische, endokrine und kardiovaskuläre Prozesse moduliert werden. Bei Schlafmangel wird der Sympathikus aktiviert, der Cortisolspiegel steigt. Das wirkt sich negativ auf Insulinresistenz und -sekretion aus. Zudem führt zu kurzer Schlaf zu einem Anstieg proinflammatorischer Zytokine und verstärkter Lipolyse. Deshalb besitzt Schlaf auch für die Gesundheit von Patienten mit Typ-2-Diabetes fundamentale Bedeutung. In Leitlinien fand das lange Zeit keine oder nur wenig Beachtung
Die European Association for the Study of Diabetes und die American Diabetes Association führen in ihrem jüngsten Konsensusreport zum Management des Typ-2-Diabetes den Schlaf erstmals unter den Lebensstilmaßnahmen gleichrangig mit Ernährung und körperlicher Aktivität auf. Die zugrundeliegende Evidenz haben sich Dr. Joseph Henson von der Universität Leicester und Kollegen angesehen.
Dauer des Nachtschlafs beeinflusst Diabetesrisiko
Bereits das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, wird vom Schlaf beeinflusst. Die geringste Gefahr besteht für Menschen, die sieben Stunden pro Nacht schlafen. Jede Stunde weniger oder mehr lässt das Erkrankungsrisiko um 9–14 % wachsen. Zu lange Nachtruhe wirkt sich aber offenbar weniger negativ aus als zu kurze. Auch eine schlechte Schlafqualität ist mit einem um 40–84 % erhöhten Risiko für das Auftreten der Stoffwechselerkrankung verbunden.
Menschen, die sehr spät zu Bett gehen und morgens spät aufstehen, haben Studien zufolge ein im Vergleich zu Frühaufstehern 2,5-fach erhöhtes Risiko für einen späteren Diabetes – unabhängig von Schlafdauer und -qualität. Für Schichtarbeiter wurde im Vergleich zu Beschäftigten mit regelmäßigem Rhythmus eine um 10 % größere Gefahr errechnet.
Schlafdauer, -qualität und -timing wirken sich auch auf Glykämieparameter und das kardiovaskuläre Risiko von bei Typ2-Diabetes aus. Sowohl bei Lang- (> 8 Stunden) als auch bei Kurzschläfern (< 6 Stunden) beobachtet man negative Effekte auf HbA1c-Wert oder Nüchternblutzucker. Eine kurze Bettruhe ist zudem mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert. In einer UK-Biobank-Kohorte war eine Schlafdauer von ≤ 5 Stunden im Vergleich zu einer von 7 Stunden mit einem um 42–70 % erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle und kardiovaskuläre Mortalität vergesellschaftet.
Eine verminderte Schlafqualität erwies sich als signifikanter Prädiktor für eine Verschlechterung des HbA1c-Werts bei Patienten mit mindestens einer krankheitsbedingten Komplikation. In einer Kohortenstudie beobachtete man, dass das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bei frisch diagnostiziertem Patienten (< 6 Monate) mit schlechter Schlafqualität um 24 % erhöht war. Ähnliche Ergebnisse fanden sich für die Mortalität. Bei Zuckerkranken, die abends sehr spät ins Bett gehen oder die im Schichtdienst arbeiten, leidet die glykämische Kontrolle ebenfalls und das kardiovaskuläre Risiko steigt.
Schlafqualität mit kognitiver Verhaltenstherapie bessern
Wenn es gelingt, die Schlafdauer von Kurzschläfern zu verlängern, verbessert sich die Insulinsensitivität und die tägliche Energiezufuhr sinkt. Insbesondere eine spezielle kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie kann Schlaflatenz, -effizienz und -dauer verbessern und die Zahl von Wachphasen vermindern.
Bei Diabetikern wurden die meisten Studien allerdings nicht mit dieser speziellen Verhaltenstherapie, sondern mit der Standardform durchgeführt. Eine Metaanalyse hat aber gezeigt, dass sich auch damit Schlafqualität und glykämische Kontrolle verbessern lassen.
Wichtig ist, dass die Patienten die Zusammenhänge zwischen Diabetes und Schlaf verstehen. Medikamentös kann kurzfristig retardiertes Melatonin die Schlafqualität verbessern. Weniger gesichert ist dessen Effekt auf glykämische Parameter.
Quelle: Henson J et al. Diabetes Care 2024; 47: 331-343; DOI: 10.2337/dci23-0037