Lungentransplantation Durch Schummeln zur Lungen-Tx

Autor: Friederike Klein

Ob ein Patient auf ein Spenderorgan hoffen darf, hängt unter anderem von seinem biologischen Alter ab.
Ob ein Patient auf ein Spenderorgan hoffen darf, hängt unter anderem von seinem biologischen Alter ab. © Kevin – stock.adobe.com

Bestehende Sucht­erkrankungen gelten als Kontra­indikation für eine Lungentransplantation. Dazu gehört explizit der Nikotin­abusus, der postoperativ mit einer ungünstigen Prognose verbunden ist.

Erst kurz vor der Lungentransplantation (LTx) mit dem Rauchen aufzuhören, ist keine gute Strategie. Denn nur durch eine längere Karenzzeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es nach dem Eingriff nicht zum Rückfall kommt. Die Angaben der Patienten zum Thema Rauchstopp sind allerdings häufig falsch, berichtete PD Dr. ­Tobias ­Veit von der Medizinischen Klinik V der Ludwig-Maximilians-Universität München. In einer Studie hatte er diesbezügliche Informationen von Transplantationskandidaten mit den Ergebnissen eines systematischen cotininbasierten Screenings während der Zeit auf der Warteliste verglichen. Bei 92 Teilnehmern (14,8 %) fiel der Test auf das Tabakalkaloid mindestens einmal positiv aus. 

Die Wahrscheinlichkeit war besonders hoch bei COPD-Patienten und stieg mit der Zahl an Packungsjahren. Auch ein erst kurz zurückliegender Rauchstopp (innerhalb des vorangegangenen Jahres) war häufig mit Cotininfunden assoziiert. Bei Patienten ohne COPD trat ein positives Testergebnis ebenfalls dann häufiger auf, wenn sie eigenen Angaben zufolge erst in den vergangenen zwölf Monaten zum Nichtraucher geworden waren. Insgesamt hatten 78 Patienten (84,7 %) fälschlicherweise behauptet, keine nikotinbasierten Produkte mehr zu konsumieren. Bei Nierauchern fiel der Cotinintest hingegen immer negativ aus.

Absolute Kontraindikationen für eine LTx

  • unbehandelte bzw. noch bestehende Suchterkrankung
  • rezente maligne Erkrankung mit hohem Rezidivrisiko
  • schwere extrapulmonale Komorbiditäten
  • schwere psychiatrische und psychologische Erkrankungen
  • eingeschränkte Funktionalität mit niedrigem Rehabilitationspotenzial
  • fehlende soziale Unterstützungssysteme
  • mangelnde Therapiebereitschaft/Adhärenz 

Bei der Indikationsstellung für eine Lungentransplantation ist das kalendarische Alter des Patienten nicht entscheidend, wohl aber das biologische. Letzteres kann eine relative Kontraindikation sein, betonte Dr. Veit. Zu den weiteren gehören eine schwere Osteoporose, eine aktuell bestehende Intubation oder ECMO-Therapie, Kachexie (abhängig von der Grund­erkrankung), Adipositas (BMI > 30 kg/m2), Langzeitkortisontherapie, maligne Erkrankungen mit mehr als fünf Jahren Rezidivfreiheit, Systemerkrankungen und diverse Infektionen (Hepatitis B und C, HIV, multiresistente Bakterien, Tuberkulose, nicht-tuberkulöse Mykobakterien).

Dr. Veit forderte dazu auf, mögliche LTx-Kandidaten frühzeitig in einem Transplantationszentrum vorzustellen, Patienten mit einer interstitiellen Lungenerkrankung am besten gleich nach der Diagnose. Denn dann ist genug Zeit, um neben der Aufklärung Maßnahmen zu treffen, die für die Aufnahme auf die Warteliste wichtig sein können. 

Im Vorfeld Risikofaktoren und Impfungen angehen 

So lassen sich Risikofaktoren und Kontra­indikationen wie Kachexie, Adipositas, Nikotin­abusus oder fehlende soziale Unterstützung noch beeinflussen – nicht zuletzt im Rahmen einer Reha. Zudem können notwendige Impfungen noch durchgeführt werden.

Die Aufnahme auf die Wartelis­te setzt voraus, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit oder die Lebensqualität nach Einschätzung der interdisziplinären Transplantationskonferenz mit einem neuen Organ größer ist als ohne. Ein Konsensuspapier der Internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation stellt folgende Forderungen: Das Risiko, innerhalb der nächsten zwei Jahre zu sterben, muss ohne Ltx bei über 50 % liegen. Gleichzeitig muss aus allgemeinmedizinischer Sicht eine mehr als 80%ige Wahrscheinlichkeit für ein fünfjähriges Überleben mit Spenderorgan bestehen – eine adäquate Transplantatfunktion vorausgesetzt.

Kongressbericht: 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin