Lungentransplantation Wer gehört auf die Liste?
Auch in 2021 lag die Zahl der in Deutschland gespendeten Lungen mit 299 Organen extrem niedrig. Potenzielle Empfänger müssen daher sehr gut ausgewählt werden, erklärte Dr. Ute
Sommerwerck vom Krankenhaus der Augustinerinnen in Köln. Welcher Patient für die Lungentransplantation (LuTx) gelistet wird, entscheidet sich heute in Transplantationskonferenzen.
Daran nehmen der Transplantationspneumologe, ein Chirurg und ein unabhängiger Dritter, der mit dem Thema gar nicht vertraut sein muss, teil. „Sie können jederzeit jeden Patienten in einer Transplantationskonferenz anmelden“, betonte die Kollegin. Wichtig: Man meldet einen Patienten zur Listung immer nur in einem Zentrum an. Wird er dort abgelehnt, kann man ihn in einem weiteren Zentrum vorstellen.
Ganz allgemein besteht die Indikation zur Lungentransplantation bei Patienten unter 65 Jahren mit chronisch progressiver Lungenerkankung und einem hohen Risiko, innerhalb von zwei Jahren daran zu sterben. Alle therapeutischen Alternativen müssen ausgeschöpft und die Wahrscheinlichkeit, den Eingriff selbst sowie anschließend fünf Jahre zu überleben, hoch sein.
Organtransplantation 2021
- 933 Organspender
- Spenderrate 11,2/1 Mio. Einw. (in Spanien 34/1 Mio. Einw.)
- 2.905 entnommene Organe, davon 1.492 Nieren und 299 Lungen
- 2.979 implantierte Organe
- 2.853 Organempfänger
- 8.448 Patienten auf der Warteliste
- 46 Transplantationszentren
Eine weitere Voraussetzung ist die starke Motivation des Patienten. Fehlt sie, kann man an ihr arbeiten, sagte Dr. Sommerwerck. Die Zentren hätten heute so gute psychosomatische und sporttherapeutische Angebote, dass es durchaus möglich erscheint, aus einem Kandidaten mit fraglicher Adhärenz einen „folgsamen“ Patienten zu machen.
Seit Dezember 2011 erfolgt die Organvergabe nach dem Lung Allocation Score (LAS), der die Dringlichkeit und die Erfolgsaussichten nach der Transplantation berücksichtigt. Die Wartezeit auf der Liste spielt keine Rolle mehr. Das führt dazu, dass Patienten, die sehr schwer krank sind, innerhalb weniger Tage ein Organ bekommen können.
Dynamik der Parameter ist wichtiges Kriterium
Der Score wird anhand verschiedener Parameter kalkuliert und erreicht einen Wert zwischen 0 und 100. Die optimalen Kandidaten weisen einen Score zwischen 40 und 49 Punkten auf. Dabei handelt es sich um ambulante oder stationäre Patienten, die noch elektiv operiert werden können. Patienten mit höheren Werten im LAS sind eigentlich schon zu krank, erklärte Dr. Sommerwerck.
„Die Lungenfibrose liegt uns allen sehr am Herzen“, konstatierte die Pneumologin. Jeder Betroffene unter 65 Jahren mit einer FVC < 80 % oder einer DLCO < 40 % gehört auf die Transplantationsliste bzw. sollte in einem Zentrum vorgestellt werden. Ein wichtiges Kriterium ist auch die Dynamik der Parameter: Haben FVC und/oder DLCO in den letzten sechs Monaten um jeweils mindestens 10 % abgenommen? War der Patient sauerstoffpflichtig? Dann gehört er ebenfalls auf die Liste.
Die COPD ist heute die häufigste Indikation für eine LuTx, der Nutzen für den betroffenen Patienten fällt jedoch vergleichsweise gering aus. Der Eingriff kann die Lebenszeit nicht verlängern – das mediane Überleben liegt bei etwa sechs Jahren –, sondern in einem selektionierten Krankengut allein die Lebensqualität bessern. Man muss daher sehr genau abwägen, welchen Patienten man tatsächlich anmeldet, betonte Dr. Sommerwerck. Schließlich habe man heute auch die Möglichkeit der Lungenvolumenreduktion.
Kontraindikationen der Lungentransplantation
- extrapulmonales Organversagen
- koronare Mehrgefäßerkrankung oder eingeschränkte systolische linksventrikuläre Funktion
- aktive systemische Infektion (Tuberkulose)
- klinische Instabilität
- unkorrigierbare Blutungsneigung
- aktive Tumorerkrankung (2–5 Jahre, z.T. > 5 Jahre)
- Deformität von Brustwand oder Wirbelsäule
- mangelnde Adhärenz
- Adipositas Grad II oder III, BMI < 35 kg/m2
- psychische und soziale Instabilität
- Drogenabhängigkeit (auch Rauchen), akut oder in den letzten 6 Monaten
Der Patient muss wissen, dass eine Transplantation keineswegs bedeutet, Lunge raus, Lunge rein und anschließend ist alles überstanden. Was auf den Eingriff folgt, ist eine lange Betreuungsphase mit Immunsuppression und vielen Komplikationen. Eine Indikation zur Transplantation sieht die Kollegin daher nur bei Schwerstkranken mit einer FEV1 < 20 % ohne Reversibilität.
Deutlich zurückgegangen ist die Transplantationshäufigkeit bei zystischer Fibrose, was nach Aussage von Dr. Sommerwerck auf die neuen Medikamente zurückzuführen ist. Wird transplantiert, beträgt das mediane Überleben knapp zehn Jahre.
Kongressbericht: 10. Kongress der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie