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Kopfball Eigentor für den Verstand

Autor: Dr. Vera Seifert

Die Diffusions-Tensor-Bildgebung, eine MRT-Technik, visualisiert die mikrostrukturellen Eigenschaften von Hirngewebe. Die Diffusions-Tensor-Bildgebung, eine MRT-Technik, visualisiert die mikrostrukturellen Eigenschaften von Hirngewebe. © wikimedia/Thomas Schultz (CC BY-SA 3.0)
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Jeder Fußballer sollte den Ball halbwegs zielsicher mit dem Kopf spielen können. Schließlich kann der gekonnte Kopfeinsatz über Sieg oder Niederlage entscheiden. Aber sind die wiederholten Stöße nicht gefährlich fürs Hirn?

Den Ball mit dem Kopf zu spielen – das sollte jeder Fußballer beherrschen. Aber schaden die Kopfstöße nicht dem Gehirn und dem Denkvermögen? Zumal dann, wenn sie sich im Laufe einer Fußballerkarriere zu einer beträchtlichen Anzahl kumulieren?

Derartige Sorgen sind durchaus berechtigt, meinen Wissenschaftler um Prof. Dr. Michael­ Lipton­ von der New Yorker Columbia University. Insbesondere gelte es, jüngere Menschen vor der vorzeitigen Entwicklung einer Demenz oder vor anderen neurodegenerativen Erkrankungen zu schützen.

Bislang wurden in dieser Sache nur Studien durchgeführt, die mögliche Hirnschäden zu einem festgelegten Zeitpunkt zeigen, gewissermaßen als Momentaufnahme. Prof. Lipton und Kollegen hingegen haben kognitive und hirnstrukturelle Veränderungen bei Fußballspielern über einen Zeitraum von zwei Jahren untersucht.

In ihre Arbeit schlossen die Wissenschaftler 148 Amateurkicker im durchschnittlichen Alter von 27 Jahren ein. Über die Angaben in einem validierten Fragebogen wurden die Sportler je nach Kopfballfrequenz in die Gruppen niedrig, mittel und hoch eingeteilt. Teilnehmer der höchsten Kategorie kamen auf 1.500 Kopfstöße in zwei Jahren. 

Die Diffusions-Tensor-Bildgebung (eine spezielle MRT-Untersuchung) zu Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums zeigte für die Intensivkopfballer im Vergleich zur Anfangsuntersuchung deutliche mikrostrukturelle Hirnveränderungen: In der weißen Substanz der frontalen Hirnregionen war die Diffusionsfähigkeit angestiegen, der Orientierungsdispersions­index, ein Maß für die Gehirnorganisation, war abgefallen. Auch in Tests zum verbalen Lernen schnitt diese Gruppe schlechter ab. Ähnliches kennt man als Folge milder Hirntraumata, ordnen die Studienautoren diese Ergebnisse ein.

In einer zweiten Studie mit 353 Amateuren fiel den Wissenschaftlern auf, dass bei intensivem Kopfeinsatz die Grenze zwischen weißer und grauer Substanz nach zwölf Monaten nicht mehr scharf, sondern verwaschen war. Sie ziehen daraus den Schluss, dass die Kopfstöße ein signifikantes Risiko für kognitive Leistungseinbußen darstellen.

Quelle: Pressemitteilung - Radiological Society of North America