Energydrinks können zu Versagen von Leber und Nieren führen
Übelkeit, zunehmende Konfusion, Müdigkeit und Appetitmangel – als eine 62-Jährige diese Symptome gegenüber den Hospizärzten äußerte, nahmen diese an, ihr kleinzelliges Lungenkarzinom sei weiter fortgeschritten. Bereits seit vier Monaten befand sich die Patientin nach dem Therapiestopp in ihrer Betreuung. Ihr Zustand verschlechterte sich jedoch trotz symptomatischer Therapie zunehmend, schreiben Dr. Raed Al Yacoub von der Abteilung für Innere Medizin der Universität Florida und seine Kollegen.
An Tag drei offenbarte das Labor: Leber- und Nieren arbeiteten nicht mehr richtig, die Leukozytenzahl war erhöht. Die Ärzte diagnostizierten akutes Nierenversagen und akute Hepatitis. Derartige Probleme waren bei der Frau bislang unbekannt gewesen. Der Ultraschall von Leber und Galle blieb allerdings ohne Befund. Eine vorangegangene Virus-Hepatitis war ebenfalls nicht bekannt.
Bei der Ursachensuche stellte sich schließlich heraus, dass die 62-Jährige in den vorangehenden Wochen fast nur noch zuckerfreie Energydrinks zu sich genommen hatte, fünf bis sechs Halbliter-Dosen (16 oz.) täglich. Im Zusammenhang mit diesen Getränken wurden der amerikanischen Überwachungsbehörde FDA bereits zahlreiche Nebenwirkungen gemeldet, unter anderem Arrhythmien, psychiatrische Symptome, Herzinfarkt und Krampfanfälle. Eine gleichzeitige Einschränkung von Niere und Leber war bisher nicht bekannt, jedoch Probleme, die jeweils eines der Organe betrafen.
Als Verursacher für die renale Symptomatik vermuten die Autoren Taurin, von dem jeweils 2 g in jeder Dose steckten. Taurin kann bei Niereninsuffizienz außerdem zu neurologischen Symptomen führen. 1 g Niacin pro Tag gilt wiederum als potenziell lebertoxisch, pro Dose hatte die Patientin 40 mg zu sich genommen. Allerdings haben womöglich auch andere Inhaltsstoffe, darunter das diuretisch wirkende Koffein, mit zum Problem beigetragen, vermuten Dr. Al Yacoub und seine Kollegen.
Derzeit keine unbedenklichen Mengen definierbar
Innerhalb von 14 Tagen erholte sich die Patientin – mit entsprechender therapeutischer Unterstützung – schließlich wieder. Auf Energydrinks sollte sie allerdings zukünftig verzichten. „Solange wir bei Energydrinks nicht in der Lage sind, unbedenkliche Mengen zu definieren, raten wir vom exzessiven Gebrauch ab“, so die Autoren. Zudem sollte der Konsum bei entsprechender Anamnese abgefragt werden.
Quelle: Al Yacoub R et al. J Med Case Rep 2020; 14: 23; DOI: 10.1186/s13256-019-2340-0