Finasterid: Wegen Nebenwirkungen droht eine Klagewelle
Professor Dr. Hans Wolff von der dermatologischen Klinik der Ludwig-Maximillians-Universität in München wurde bereits in einem Rechtsstreit um das „Post-Finasterid-Syndrom“ als Gutachter herangezogen. Er machte allerdings keinen Hehl aus seinem Zweifel, ob es solch ein Syndrom überhaupt gebe. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind da weniger skeptisch.
Ein entsprechender Rote-Hand-Brief wurde am 5. Juli 2018 an deutsche Ärzte versandt*. Genannt werden ein erhöhtes Risiko für sexuelle Dysfunktion, die auch nach Absetzen fortbestehen kann, für Stimmungsänderungen bis hin zur Depression und – neu hinzugekommen – Angst.
Prof. Wolff nannte das schlicht Unsinn und fragte: „Bei wem besteht diese Gefahr nicht?“ Befeuert werde die Diskussion über alle Medienkanäle durch die US-amerikanische Post-Finasteride Syndrome Foundation, die in den USA auch noch mit staatlichen Geldern gefördert werde.
Tipp: Minoxidil verschreiben oder Infomaterial mitgeben
Die praktische Konsequenz für den Dermatologen Prof. Wolff ist, dass er primär nur noch Minoxidil verordnet. „Bei über 41-Jährigen ist Finasterid zur Behandlung der Alopecia areata ja sowieso off label“, meinte er. Und wenn ein Patient dennoch eine Therapie mit dem Steroid-5α-Reduktase-Hemmer wünscht, hat er begleitend zum Aufklärungsgespräch ein ganzes Paket von Informationsmaterialien vorbereitet, das er dem Patienten mitgibt.
* Rote-Hand-Brief „Mögliche Risiken bei der Anwendung finasteridhaltiger Arzneimittel (1 mg und 5 mg Dosierung) sowie Empfehlungen zur Aufklärung Ihrer Patienten“ vom 5.7.2018
Quelle: 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie