Brustkrebs Forschende fordern breiten Einsatz der Technologie

Autor: Dr. Judith Lorenz

Künstliche Intelligenz verbessert die Beurteilung von Mammografieaufnahmen und optimiert Screeningprogramme. Künstliche Intelligenz verbessert die Beurteilung von Mammografieaufnahmen und optimiert Screeningprogramme. © LALAKA – stock.adobe.com

Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, Mammografieaufnahmen besser zu beurteilen. Eine von deutschen Forscher:innen initiierte prospektive Studie kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass auch Screeningprogramme davon profitieren.

Frauen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren haben in Deutschland gegenwärtig alle zwei Jahre Anspruch auf eine Mammografie. Nationale Screeningprogramme senken zwar die Brustkrebssterblichkeit, nichtsdestotrotz existieren verschiedene Ansatzpunkte für Verbesserungen, berichten Forschende um Dr. Nora Eisemann, Universität Lübeck. Beispielsweise müssen zwei unabhängige Radiolog:innen die Aufnahmen interpretieren, was große Erfahrung voraussetzt und mit einer erheblichen Arbeitsbelastung einhergeht. 

Auch im Hinblick auf die Sensitivität der Mammografie und damit die Vermeidung von Intervallkarzinomen besteht Optimierungsbedarf. Gleiches gilt für die Spezifität: Ein großes Problem stellen gegenwärtig Recalls aufgrund falsch positiver Befunde dar, die einerseits unnötige invasive und kostenintensive Interventionen nach sich ziehen und andererseits die Betroffenen psychisch stark belasten.

Mehr Biopsien durchgeführt

Die Biopsierate bei KI-basierter Bildanalyse lag zwar um 8,2% höher (10,4 vs. 9,6 pro 1000). Allerdings ging die KI-Nutzung mit einem signifikant höheren positiven Biopsie-Vorhersagewert einher (64,5% vs. 59,2%).

Höhere Detektions- bei niedrigerer Recall-Rate

Im Rahmen der PRAIM-Studie gingen Dr. Eisemann und weitere deutsche Wissenschaftler:innen nun der Frage nach, inwiefern KI bei der Interpretation von Screening-Mammografien helfen kann. An der zwischen 2021 und 2023 durchgeführten Untersuchung beteiligten sich zwölf Mammografie-Screeningzentren in Deutschland. 119 Radiolog:innen beurteilten in diesem Zeitraum Aufnahmen von 461.818 Personen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren. In allen Fällen erfolgte dabei eine Doppelbeurteilung. 

Bei 201.079 Teilnehmenden entschieden sich beide Befunder:innen gegen die Nutzung einer kommerziell erhältlichen zertifizierten KI-Technologie. In den übrigen 260.739 Fällen wendete dagegen mindestens einer der beiden Radiolog:innen die KI-Software an.

Das Ergebnis: Die Brustkrebs-Detektionsrate betrug im Kollektiv der mit KI-Unterstützung gescreenten Teilnehmenden 6,7 pro 1000 Personen, im Kontrollkollektiv dagegen nur 5,7 pro 1000. Dieser Unterschied fiel signifikant aus und entsprach einem zusätzlich detektierten Karzinom pro 1000 Screeninguntersuchungen bzw. einer relativen Zunahme um 17,6 %. Die höhere Brustkrebs-Detektionsrate bei KI-basiertem Screening war dabei unabhängig von der Screeningrunde, der Brustdichte und dem Alter. 

Darüber hinaus ging die Nutzung der KI-Software mit einer um 2,5 % niedrigeren Recall-Rate einher (37,4 vs. 38,3 pro 1000). Der positive Vorhersagewert bei einem Recall betrug in der KI-Gruppe 17,9 % und in der Kontrolle 14,9%. 

Die KI-basierte Bildanalyse hat großes Potenzial im Hinblick auf das organisierte Mammografie-Screening, meinen die Autor:innen. Die Integration einer entsprechenden Software in die Arbeitsabläufe reduziert ihrer Einschätzung nach nicht nur die Arbeitsbelastung der Befunder:innen, sondern verbessert auch die Screeningqualität. Nun sei zu klären, inwiefern sich die höhere Brustkrebs-Detektionsrate und die geringere Recall-Rate auf die Inzidenz von Intervallkarzinomen sowie die Tumorstadien bei der Diagnose auswirken. Angesichts der Ergebnisse drängen sie auf die Aufnahme der KI-unterstützten Mammografie in die Screeningleitlinien und sprechen sich für eine breite Implementierung entsprechender Technologien in der Screeningpraxis aus. 

Quelle:
Eisemann N et al. Nat Med 2025; DOI: 10.1038/s41591-024-03408-6