Die acht Risikogene des Mammakarzinoms– helfen DNA-Tests bei der Früherkennung?
In der ersten Arbeit prüfte das Team um Dr. Leila Dorling vom Centre for Cancer Genetic Epidemiology an der Universität Cambridge den Einfluss von 34 Kandidaten-Genen bei knapp 114 000 Frauen aus 25 Ländern.1 In der zweiten Untersuchung erfasste die Arbeitsgruppe um Dr. Chunling Hu von der Mayo Clinic in Rochester das Vorkommen von 28 potenziell kanzerogenen Genen in einer bevölkerungsbasierten US-Kohorte von 64 000 Frauen.2
Brustkrebsgefahr bis zu elffach erhöht
Einig sind sich die Autoren beider Analysen darin, dass Mutationen in acht Genen das Brustkrebsrisiko erhöhen. Bestätigt hat sich diese Eigenschaft für BRCA1 und BRCA2. Darüber hinaus identifizierten die Wissenschaftler eine Assoziation mit Varianten von sechs weiteren Genen: PALB2, BARD1, RAD51C, RAD51D, ATM und CHEK2. Nur in der internationalen Studie wurde ein Zusammenhang mit MSH6 gefunden und nur in der US-amerikanischen Arbeit eine Verbindung zu CDH1.
Somit hatte die Mehrzahl der in den beiden Analysen ausgewerteten mutmaßlichen Risikogene keinen Einfluss auf die Manifestation eines Mammakarzinoms, konstatiert Dr. Steven Narod vom Women’s College Research Institute, Toronto, in einem begleitenden Kommentar. Außerdem zeigten sich deutliche Unterschiede im Gefahrenpotenzial. Mutationen der Gene BRCA1, BRCA2 und PALB2 steigern die Gefahr mit einer Odds Ratio (OR) von 5–11 deutlich stärker als Veränderungen in CHEK2 und ATM (OR 2,1–2,5).
Ziel gendiagnostischen Eingreifens muss es sein, Malignome zu verhindern oder, wenn dies nicht gelingt, wenigstens rechtzeitig zu erkennen. Dabei steht der Wert einer Testung auf BRCA1 und BRCA2 außer Frage. Begründet wird die Maßnahme aber vor allem damit, dass diese Mutationen das Risiko für ein Ovarialkarzinom erhöhen.
Ab einem Alter von 40 Jahren regelmäßig zur MRT
Denn das prognostisch ungünstige Malignom lässt sich mit einer prophylaktischen Salpingo-Oophorektomie verhindern. Weniger klar bleibt der Nutzen eines Screenings auf Genvarianten, die nicht mit einem erhöhten Risiko für Eierstockkrebs einhergehen.
Die meisten Mammakarzinome, die Frauen mit einer ATM- bzw. CHEK2-Mutation betreffen, sind Östrogen-Rezeptor-positiv. Die Betroffenen können also mit Antiöstrogenen wie Tamoxifen, Raloxifen oder Aromatase-Inhibitoren behandelt werden. Es gibt aber keine Studien zu einer Chemoprävention bei Trägerinnen dieser Genveränderungen.
Eine präventive Salpingo-Oophorektomie hält Dr. Narod für Trägerinnen von ATM- bzw. CHEK2-Varianten nicht für gerechtfertigt. Der Gewinn durch eine prophylaktische Mastektomie erscheint angesichts eines Lebenszeitrisikos von 20–25 % für Brustkrebs ebenfalls fraglich. Stattdessen wird Trägerinnen dieser Mutationen heute ein regelmäßiges MRT-Screening ab einem Alter von 40 Jahren empfohlen, obwohl sich eine Reduktion der Mortalität bisher nicht belegen ließ. Frauen mit CHEK2-Varianten sollten sich wegen des ebenfalls erhöhten Risikos auch auf ein Kolonkarzinom untersuchen lassen.
ATM-Mutationen prädestinieren möglicherweise für Pankreaskrebs, die Daten genügen jedoch noch nicht für eine Vorsorge-Empfehlung. Sinnvoll kann aber ein ATM-Test des Partners sein. Denn wenn beide diese Mutation aufweisen, hat der Nachwuchs ein 25%iges Risiko für eine tödliche Erbkrankheit, die Ataxie-Teleangiektasie. Gewisse Entwarnung gibt es beim hereditären nicht-polypösen Kolonkarzinom: Ein erhöhtes Brustkrebsrisiko tragen nur Frauen mit einer MSH6-Variante.
Quellen:
1. Dorling L et al. N Engl J Med 2021; 384: 428-439; DOI: 10.1056/NEJMoa1913948
2. Hu C et al. A.a.O.: 440-451; DOI: 10.1056/NEJMoa2005936
3. Narod SA. A.a.O.: 471-473; DOI: 10.1056/NEJMe2035083
Verwandte Links
- Breast Cancer Risk Genes — Association Analysis in More than 113,000 Women Dorling L et al. N Engl J Med 2021; 384: 428-439
- A Population-Based Study of Genes Previously Implicated in Breast Cancer Hu C et al. N Engl J Med 2021; 384: 440-451
- Which Genes for Hereditary Breast Cancer? Narod SA. N Engl J Med 2021; 384: 471-473
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