Mammakarzinom Zwei Experten diskutieren über das Pro und Kontra der ambulanten Operation

DGS 2023 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Zwei Experten diskutieren über das Für und Wider einer ambulanten Operation des Mammakarzinoms Zwei Experten diskutieren über das Für und Wider einer ambulanten Operation des Mammakarzinoms © pix4U – stock.adobe.com

Die Etablierung zertifizierter Brustzentren in Deutschland hat die Qualität der Behandlung auf hohem Niveau standardisiert. In Zeiten steigender Kosten und eines überlasteten Gesundheitssystems wird die Ambulantisierung onkologischer Leistungen gefordert. Im Fokus steht jetzt auch das ambulante Operieren des Mammakarzinoms.

Diskutant Prof. Dr. ­Achim ­Wöckel, Universitätsklinikum Würzburg, sprach sich für das ambulante Operieren von Brustkrebs aus. Laut seiner Aussage ist der Weg dahin längst beschritten. Es gehe nicht mehr um das „Ob“, sondern darum, diesen Weg von ärztlicher Seite konstruktiv mitzugestalten. 

Die meisten Mammakarzinom­operationen erfolgten in Deutschland brusterhaltend und seien technisch ambulant durchführbar, betonte Prof. ­Wöckel. Für den ambulanten Eingriff sprechen die Kostenreduktion sowie die Entlastung des stationären Sektors und des medizinischen Dienstes. Es gebe aber auch viele Vorteile für die Patient:innen, wie beispielsweise die Betreuung im häuslichen Umfeld. Die Mehrzahl der Betroffenen sei froh, wenn sie postoperativ nicht im Krankenhaus bleiben müsse.

Wichtig sei allerdings, die entsprechenden Strukturen im ambulanten Sektor zu schaffen, um den erreichten Qualitätsstandard zu halten, den die zertifizierten Brustzentren vorgeben, betonte Prof. ­Wöckel. Er folgt damit einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Senologie. 

Patient:innenselektion im Mittelpunkt

Laut des Pro-Diskutanten Prof. ­Wöckel ist die Patient:innenzentrierung entscheidend: Daten aus anderen Ländern, in denen deutlich mehr ambulant operiert wird, legten nahe, dass die Selektion der Erkrankten ein relevanter Faktor ist. Diese müsse auf Grundlage der ärztlichen Einschätzung erfolgen.

Oder vielleicht doch lieber nicht...

Die fehlenden ambulanten Strukturen und damit einhergehend die Qualitätssicherung seien zentrale Probleme, entgegnete der Kontra-Diskutant Prof. Dr. ­Wolfgang ­Janni, Universitätsklinikum Ulm. Zahlen belegten, dass die Überlebens­chance der Patient:innen bzw. ihre Prognose deutlich besser ist, wenn sie in einem zertifizierten Brustzentrum behandelt werden. Gleichzeitig sei die Behandlung des Mammakarzinoms deutlich individueller und damit komplexer geworden. Das gelte auch für die operative Medizin, die nicht nur das Herausschneiden des Primärtumors im Rahmen eines brusterhaltenden Eingriffs umfasse, sondern u.a. auch das operative Vorgehen in der Axilla sowie die Schnittstellen zu Radiolog:innen und Systemtherapeut:innen.

Die Qualität eines zertifizierten Brustzentrums basiere ganz entscheidend auf dem Netzwerk der verschiedenen Fachdisziplinen, wodurch Reibungsverluste an den Schnittstellen vermieden bzw. reduziert werden. Die Grenzen der Ambulantisierung der operativen Behandlung generieren sich aus der Komplexität der gesamten medizinischen Leistung, resümierte Prof. ­Janni.

Einig waren sich Prof. ­Janni und Prof. ­Wöckel, dass die Strukturen, die für eine qualitätsgesicherte Ambulantisierung von Brustkrebsoperationen notwendig sind, derzeit in Deutschland nicht vorliegen und unter der Gestaltungshoheit der Ärzt:innenschaft etabliert werden müssten. Zentrale Punkte umfassen die Zertifizierungsmaßnahmen der Brustzentren, die im ambulanten Sektor umgesetzt werden müssen, sowie die Schnittstellenproblematik und die Patient:innenzentrierung. Nur wenn dies gelingt, sei ein ambulantes Operieren flächendeckend akzeptabel, betonte Prof. ­Janni. Er plädierte dafür, dass der Gesetzgeber entsprechende Anreize schafft und lehnte es ab, per Gesetz einen Stichtag vorzugeben, ab dem ambulant operiert werden muss – egal ob die Randbestimmungen stimmen. Eine gute Alternative sehen die Experten in der tagesstationären Behandlung in zertifizierten Brustzentren. 

Quellen:
1. Wöckel A. 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag „­­Oxford-Debatte: Die operative Therapie des Mammakarzinoms wird in 2025 meistens ambulant durchgeführt: Pro“
2. Janni W. 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag „­­Oxford-Debatte: Die operative Therapie des Mammakarzinoms wird in 2025 meistens ambulant durchgeführt: Contra“