Komplementärmedizin Gegen Tumor-Fatigue ist ein Kraut gewachsen

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Oft wird angenommen, dass die Fatigue eine unvermeidliche Folge einer Tumorerkrankung oder Tumortherapie ist. Oft wird angenommen, dass die Fatigue eine unvermeidliche Folge einer Tumorerkrankung oder Tumortherapie ist. © zaa – stock.adobe.com (generiert mit KI)

Fatigue kann die Lebensqualität von Menschen mit Tumorerkrankungen stark beeinträchtigen und sich negativ auf die Prognose auswirken. Aus dem komplementärmedizinischen Bereich gibt es einige Therapieoptionen, die die Erschöpfung bessern können.

Bis zu 80 % der Menschen, die eine Tumortherapie erhalten, geben an, unter Fatigue zu leiden. Dieses Symptom kann sogar noch Jahre nach Ende der Krebstherapie persistieren. An der Genese dieses multifaktoriell bedingten Symptomenkomplexes sind vermutlich Veränderungen von zellulären Prozessen und Regelkreisläufen sowie psychosoziale Faktoren beteiligt. 

Oft wird angenommen, dass die Fatigue eine unvermeidliche Folge einer Tumorerkrankung oder Tumortherapie ist. Deshalb bekommt auch nur ein Viertel der Betroffenen eine Therapie angeboten, schreibt ein Team um Dr. Alina Busch vom Zentrum für Onkologie am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Dabei haben einige komplementäre Maßnahmen ihre Effektivität in randomisierten Studien zeigen können. Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass diese Untersuchungen überwiegend mit Mammakarzinompatientinnen durchgeführt worden waren. 

In der Onkologie am häufigsten angewendet werden die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) und die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT). Beide gehören zur Mind-Body-Medizin und werden als Gruppentherapien in acht wöchentlichen Sitzungen über jeweils 2,5 Stunden durchgeführt. 

In MBSR-Sitzungen werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Achtsamkeitsmeditationen angeleitet, die sie mit Hilfe von Audioanleitungen auch selbstständig üben. MBSR verbessert die Selbstwahrnehmung und Akzeptanz der Situation und reguliert damit Stress. In einem ambulanten onkologischen Kollektiv konnten Fatigue, Schlafstörungen und Stress durch MBSR signifikant vermindert werden. Effekte waren noch sechs Monate nach Abschluss der Intervention zu beobachten.

Fatigue über Monate hinweg gelindert 

Bei der MBCT zielen Achtsamkeitspraktiken und kognitive Therapieansätze darauf ab, den aktuellen Moment bewusster zu machen und dysfunktionale Denkmuster abzubauen. In einer niederländischen randomisierten Studie bei Krebs­überlebenden konnte Fatigue durch MBCT anhaltend über sechs Monate signifikant vermindert werden. Auch eine achtwöchige webbasierte MBCT-Intervention zeigte signifikante Effekte. 

Alle Leitlinien empfehlen bei Fatigue auch Yoga. In der Art des Yoga, der Dauer und der wöchentlichen Stundenzahl gibt es nach kontrollierten Studien allerdings große Unterschiede. In einer amerikanischen Studie konnten Fatiguebeschwerden bei Krebsüberlebenden mit vier Wochen sanftem Hatha-Yoga und Restorative-Yoga zweimal wöchentlich über je 75 Minuten signifikant vermindert werden. In einer Metaanalyse verschiedener Studien ergaben sich keine Wirksamkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Yogaformen, Trainingsdauern und -intensitäten. Entscheidend ist die Adhärenz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie das regelmäßige Üben im Alltag. 

Randomisierte kontrollierte Studien fanden auch signifikante Besserung von tumorbedingter Fatigue durch Qigong und Tai-Chi. Aus klinischen Studien gibt es zudem Hinweise darauf, dass Akupunktur und vor allem auch Akupressur, die Betroffene nach Anleitung selbst durchführen können, die krebsbedingte Erschöpfung bessern können. 

Aus dem Bereich der Phythotherapie ist der Evidenzgrad für eine signifikante Besserung von Fatiguebeschwerden unter antitumoraler Behandlung nur für Ginsengwurzelextrakte ausreichend hoch. Die Dosis sollte mindestens 2.000 mg täglich betragen, die Einnahmedauer acht Wochen. 
Hinweise auf positive Effekte gibt es darüber hinaus für Rosenwurzextrakte (täglich 200–600 mg Extrakt, aufgeteilt in eine morgendliche und mittägliche Einnahme). Einen moderaten Effekt scheinen zudem Mis­telextrakte und Baldrian zu haben. 

Verfahren an Wünsche und Vorlieben anpassen

Wie es auch in Leitlinien verankert ist, sollte Patientinnen und Patienten, die unter Fatigue leiden, immer ein komplementärmedizinisches Angebot gemacht werden, resümiert das Autorenteam. Für die größtmögliche Adhärenz und damit das beste Outcome ist die Auswahl des Verfahrens jedoch auf die individuelle Situation und die Wünsche der Betroffenen abzustimmen.

Quelle: Busch A et al. Bundesgesundheitsbl 2024; doi: 10.1007/s00103-024-03957-8