Kasuistik Getrocknete Apfelringe auf Zwischenstopp
Heftige Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen führten einen 60-jährigen Patienten in die Notfallambulanz. In der Erstuntersuchung stellten die behandelnden Chirurgen bei dem Mann ein geblähtes druckdolentes Abdomen fest. In der CT zeigten sich dilatierte Dünndarmschlingen mit einem Passagehindernis im Bereich des mittleren Ileums und wenig freie Flüssigkeit im Becken. Am ehesten passte der Befund zu Adhäsionen. Doch der Mann war bisher noch nie operiert worden, berichten Dr. Rama Mikhail und Kollegen, Austin Health im australischen Heidelberg.
Gleich mehrere seltsame Klumpen im Dünndarm
Bei der Notfalllaparotomie zeigte sich, woher die Dünndarmobstruktion kam. Die Chirurgen tasteten eine große Masse im mittleren Ileum und drei weitere ähnliche Gebilde weiter proximal. Es gelang ihnen, alle vier dieser seltsamen Klumpen über einen Schnitt im Dünndarm zu entfernen. Bei genauerer Untersuchung entpuppten sie sich als Phytobezoare in Form von großen Apfelstücken. Auf Nachfrage gab der Patient an, in der Nacht zuvor einige Scheiben getrockneter Äpfel gegessen und sie – da sie recht klein gewesen wären – komplett heruntergeschluckt zu haben, ohne zu kauen. Im Magen-Darm-Trakt hatten die Trockenfrüchte dann offenbar Flüssigkeit aufgenommen und waren aufgequollen.
Nachdem es dem Patienten zunächst besser ging, verschlechterte sich sein Zustand am dritten Tag nach der OP wieder. Eine erneute CT zeigte drei weitere Bezoare in Magen und Dünndarm, allerdings ohne Obstruktion. Unter antibiotischer Abdeckung wurde dieses Mal abgewartet, bis die Fremdkörper den Körper auf natürlichem Weg verließen.
Während des Eingriffs hatten die Chirurgen im Magen keine Phytobezoare tasten können. Vielleicht wäre es besser gewesen, intraoperativ eine Gastroskopie durchzuführen, stellen sie rückblickend fest. Eine weitere Sache, die sie aus diesem Fall gelernt haben: In einer Standard-CT mit Weichteilfensterung lassen sich Phytobezoare nicht darstellen. Deshalb tappte man zuerst im Dunkeln, was die Ursache der Obstruktion anging. Betrachtete man die Aufnahmen aber mit einer Lungenfensterung, waren die Apfelstücke gut zu sehen.
Ob getrocknete Apfelscheiben dazu neigen, Flüssigkeit aufzunehmen, wurde bisher wenig untersucht. Bei In-vitro-Versuchen hatten gedörrte, in Wasser gelegte Apfelringe um 35 % an Volumen zugelegt. Wie sie sich in einer Flüssigkeit verhalten, die dem Milieu in Magen und Darm entspricht, weiß man aber nicht.
Quelle: Mikhail RHG et al. BMJ Case Rep 2024; 17; DOI: 10.1136/bcr-2023-256710