Jugendliche verschluckt Gabel – Bergung beschert Kinderärzten eine schlaflose Nacht
Messer, Gabel, Schere, Licht – sind wohl auch für manche 17-Jährige kein passendes Spielzeug, wie unlängst ein Team von Kinderärzten am Dr. von Haunerschen Kinderspital in München feststellen musste. Ihnen hatte eine Gabel das zweifelhafte Vergnügen einer viereinhalbstündigen Endoskopie in lauer Julinacht beschert.
Anlass des ungewöhnlichen Einsatzes war eine Wette unter Teenagern. In illustrer, alkoholisierter Runde fragten sich die jungen Leute zu fortgeschrittener Stunde, wer wohl eine Gabel am tiefsten in den Schlund stecken könne. Eindeutige Gewinnerin des schrägen Wettstreits war eine 17-Jährige: Ihre Gabel landete im Magen – und die junge Frau daraufhin als Notfall in der Klinik.
Dort zeigte die Patientin außer einem Blutalkoholspiegel von einem Promille sowie einem epigastrischen Druck- und Loslassschmerz keine Auffälligkeiten. Sie hustete nicht, hatte nicht erbrochen, wies keinen Stridor und keine Verletzungszeichen in Mund und Rachen auf.
Beim Röntgen indes wurde man fündig: Im Magen steckte tatsächlich – wie von der Jugendlichen angegeben – eine metallene Gabel, die Zinken wiesen nach oral. Und genau das war das Problem, wie sich bei den endoskopischen Bergungsversuchen in Narkose zeigte. Denn das Esswerkzeug ließ sich einfach nicht wenden, und die spitzen Zinken bohrten sich bei den zahlreichen vergeblichen Manövern immer wieder in die Kardia. Schließlich schafften es die Kinderärzte doch: Nach viereinhalbstündiger Quälerei war das Corpus Delicti endlich mittels Extraktionskappe und Fasszange ans Licht gebracht.
Neben den hinzugerufenen internistischen Kollegen war auch ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg bei der Rettungsaktion zugegen. Der konnte abschließend bestätigen, dass die langwierige Prozedur außer kleinen Verletzungen der Tonsillen keine relevanten Schäden verursacht hatte.
Nach einer Nacht auf der Intensiv wieder zu Hause
Es folgten Antibiotikaprophylaxe und kurze Nachbeatmung. Sodann konnte sich die 17-Jährige auf der Intensivstation in Ruhe ausnüchtern, um am Folgetag – im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert – nach Hause entlassen zu werden. Das ebenfalls nüchterne Fazit der Münchner Kollegen zu diesem kuriosen Fall: Anamnese kurz, Bergung lang.
Quelle: Wagner J et al. Kinder- und Jugendarzt 2021; 5: 333-333