Cannabis Gezielt einsetzen, gezielt vermeiden

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Cannabiskonsum kann die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Cannabiskonsum kann die psychische Gesundheit beeinträchtigen. © 2ragon – stock.adobe.com

Welche Risiken birgt der Konsum von Cannabis und wann ist ein medizinischer Einsatz Erfolg versprechend? Um diese Fragen zu beantworten, haben Forscher die Evidenz aus 101 Metaanalysen unter die Lupe genommen. 

Eine große Zahl an Studien hat die gesundheitlichen Auswirkungen von Cannabinoiden in verschiedenen Indikationen untersucht. Dr. Marco Solmi von der University of Ottawa und Kollegen wollte nun wissen, wie es um Glaubwürdigkeit und Kohärenz der jeweiligen Ergebnisse steht. Rund die Hälfte der in ihre Studie eingeschlossenen Metaanalysen basierte auf Beobachtungsstudien (n = 50), während sich die andere Hälfte auf randomisierte kontrollierte Studien (n = 51) bezog. Die Auswertung der Daten ergab, dass der Gebrauch von Cannabis, Cannabinoiden und cannabisbasierten Arzneimitteln einerseits mit positiven Auswirkungen bei ganz verschiedenen Krankheitsbildern einhergeht, andererseits aber Risiken birgt. 

Nach Ansicht der Autoren gibt es überzeugende und übereinstimmende Belege dafür, dass Cannabiskonsum mit Verschlechterungen der psychischen Gesundheit und der Kognition assoziiert ist. Darüber hinaus soll Cannabis das Risiko von Autounfällen erhöhen und bei Konsum in der Schwangerschaft potenziell schädliche Auswirkungen auf den Nachwuchs haben. 

Mögliche Indikationen cannabisbasierter Arzneimittel 

Die Autoren raten deshalb dazu, Cannabiskonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, deren Gehirnentwicklung noch in vollem Gange ist, sowie bei schwangeren Frauen und Autofahrern zu vermeiden

Auf der anderen Seite erachten sie Cannabidiol als potenzielle Behandlungsoption bei Epilepsie in allen Altersgruppen. Cannabidiol scheint zwar hinsichtlich psychiatrischer Symptome sicher zu sein. Bevor man den Einsatz bei psychiatrischen Störungen in Erwägung zieht, sind jedoch weitere Forschungsarbeiten nötig. Außerdem könnten nach Einschätzung der Autoren cannabisbasierte Arzneimittel zur Behandlung chronischer Schmerzen verschiedener Ursachen in Betracht gezogen werden. Mögliche Indikationen wären demnach unter anderem Schmerzen im Rahmen einer Multiplen Sklerose, Spastizität bei Multipler Sklerose, Übelkeit und Erbrechen bei Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern sowie Schlafstörungen bei Krebspatienten. Darüber hinaus können Cannabinoide effektiv sein bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und in der Palliativmedizin.

Bevor Cannabis, Cannabinoide und cannabisbasierte Arzneimittel in die entsprechenden Leitlinien aufgenommen werden, gilt es nach Meinung der Autoren, verschiedene Aspekte mit klinischer Relevanz zu klären. So sollte u.a. ein Vergleich von Wirksamkeit und Sicherheit mit bestehenden Behandlungsmöglichkeiten erfolgen. Außerdem wäre die Ausarbeitung von Patienteninformationen über mögliche unerwünschte Wirkungen sinnvoll.

Quelle: Solmi M et al. BMJ 2023; 382: e072348; DOI: 10.1136/bmj-2022-072348