Parkinsonismus Häufige Zusammenstöße führen zum Verlust von Neuronen und zur Bildung von Neurofibrillenbündeln

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Schläge oder Stöße auf den Kopf sind bei Kontaktsportarten wie American Football keine Seltenheit. Schläge oder Stöße auf den Kopf sind bei Kontaktsportarten wie American Football keine Seltenheit. © .shock – stock.adobe.com

Bei Kontaktsportarten bleiben Stöße gegen den Kopf nicht aus. In Studien wird daher oft die Dauer, die jemand z. B. mit Boxen oder American Football verbracht hat, stellvertretend für wiederholte leichte Schädel-Hirn-Traumata erfasst. Je länger jemand diese Sportarten betreibt, desto häufiger leidet er oder sie Studien zufolge an einer Tauopathie im Sinne einer chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE).

481 Spendergehirne von früheren Kontaktsportlern

Knapp ein Drittel der hiervon betroffenen über 50-Jährigen zeigt dabei auch Symptome eines Parkinsonismus. Welche pathophysiologischen Mechanismen der Assoziation von gehäuften Hirntraumata und Parkinsonismus zugrunde liegen, ist bisher nicht genau bekannt, schreiben Autorinnen und Autoren um Dr. Jason Adams von der Boston University. Das Team untersuchte daher die Gehirne von 481 männlichen Organspendern, die vor ihrem Tod Kontaktsport betrieben hatten. Alle hatten post mortem die Diagnose einer CTE erhalten. Andere neurologische Diagnosen, darunter auch Morbus Alzheimer und eine frontotemporale Degeneration, waren dagegen Ausschlusskriterien.

Die Forschenden werteten die verfügbaren klinischen Daten sowie Interviews mit den Hinterbliebenen aus. Demnach hatte ein Viertel der ehemaligen Kontaktsportler (24,7 %) an Parkinsonismus gelitten. Das Risiko dafür stieg mit dem Schweregrad der CTE und war bei Männern, die American Football gespielt hatten, höher als im Durchschnitt (90,8 % vs. 84,3 %). Parkinsonismusbetroffene hatten zu Lebzeiten auch mehr demenzielle Symptome gezeigt als jene ohne Parkinsonismus (87 % vs. 29 %). Auch visuelle Halluzinationen und REM-Schlaf-Verhaltensstörungen waren bei ihnen häufiger aufgetreten.

Je länger gespielt wurde, desto mehr Veränderungen

Lewy-Körperchen wurden zwar bei Spendern mit Parkinsonismus häufiger gefunden – allerdings traten sie auch bei der Mehrheit der Parkinsonismusbetroffenen nicht auf. Zudem gab es eine Assoziation zwischen der Anzahl der Jahre als Kontaktsportler und dem Vorkommen von nigrostriatalen Neurofibrillenbündeln (adjustierte Odds Ratio, aOR, 1,04) und Neuronenverlust (aOR 1,05).

Wie sich schließlich in einer Regressionsanalyse für die American-Football-Spieler ergab, wurde der Zusammenhang zwischen der Dauer des Kontaktsports und dem Auftreten eines Parkinsonismus sowohl durch den nigrostriatalen Neuronenverlust als auch durch das Vorliegen von Neurofibrillenbündeln mediiert. Das spricht laut den Autorinnen und Autoren dafür, dass der Parkinsonismus ursächlich auf diese pathologischen Veränderungen zurückging.

Die Studie decke komplexe neuropathologische Erklärungen dafür auf, wie die häufige Gewalteinwirkung gegen den Kopf parkinsonähnliche Symptome hervorruft, hebt ein Expertentrio um Prof. Dr. Breton Asken, University of Florida, in einem begleitenden Editorial zum Artikel hervor. Sie geben allerdings zu bedenken, dass die meisten Individuen mit häufigen Kopfstößen in der Vorgeschichte dennoch keinen Parkinsonismus entwickeln.

Quellen: 

  1. Adams JW et al. JAMA Neurol 2024; doi: 10.1001/jamaneurol.2024.2166

  2. Asken BM et al. JAMA Neurol 2024; doi: 10.1001/jamaneurol.2024.2162