Blickdiagnose Systemerkrankung Hauterscheinungen bei Systemerkrankungen
Eine der bekanntesten und oft anzutreffenden Hauterscheinungen bei systemischen Erkrankungen ist das Schmetterlingserythem (Abb.). Es manifestiert sich mit einer umschriebenen, relativ scharf begrenzten flächigen Rötung im Gesicht. Die Ausdehnung erinnert an das namensgebende Insekt. Die Hautveränderung breitet sich symmetrisch vom Nasenrücken über die Wangen bis zum Jochbein aus, manchmal ist die Stirn mitbefallen. Die Nasolabialfalten hingegen bleiben typischerweise ausgespart, schreiben Prof. Dr. Thomas Mettang von Helios Gesundheit in Wiesbaden und Dr. Markus Streit vom Kantonsspital Aarau. Meist handelt es sich um eine flache Rötung, diese kann aber auch erhaben oder plaqueförmig sein, eventuell mit leichter Schuppung.
Das Schmetterlingserythem ist ein Leitsymptom des systemischen Lupus erythematodes (SLE). Es handelt sich um die lokalisierte Form des akuten kutanen Lupus erythematodes, die bei bis zu 70 % der SLE-Patienten auftritt. Sie bildet sich oft nach einer UV-Exposition und persistiert über Tage bis Wochen. Die Veränderungen rezidivieren häufig, führen aber nie zu einer Narbenbildung.
Ein charakteristischer Hautbefund bei der Dermatomyositis sind die Gottron-Papeln (Abb.). Dabei handelt es sich um flache, rötlich livide Knötchen unterschiedlicher Größe, die sich vor allem an den Streckseiten von Händen und Fingern ausbilden und bei etwa 70 % der Patienten auftreten. Als pathognomonisch gelten sie inbesondere dann, wenn die folgenden Veränderungen vorliegen:
- fliederfarbenes Erythem in heliotroper Lokalisation in Gesicht und Dekolleté („Lilakrankheit“)
- Ödem in der oberen Gesichtshälfte, v.a im Lidbereich, aber nicht perioral
- Nagelfalz-Hyperkeratosen mit Schmerzen beim Zurückschieben des Nagelfalzes
Kollagenosen können zu Mechanikerhänden führen
Sog. Mechanikerhände fallen durch eine keratotisch aufgeraute Haut mit Schuppen und Rhagaden an den Schwurfingern beider Hände auf. Besonders stark befallen sind die ulnare Seite des Daumens und die radiale Seite des Zeigefingers. Der Befund sieht aus wie ein irritatives Kontaktekzem. Falls eine entsprechende Berufsanamnese (Mechaniker, Bauarbeiter etc.) fehlt, handelt es sich eventuell um das kutane Zeichen einer Kollagenose.
Bei multiplen Lentigines nach Darmtumoren suchen
Eine weitere wichtige Hautveränderung sind dunkel- bis schwarzbraune Flecken, die sich perioral sowie an Lippen- und Wangenschleimhaut bilden. Multiple Lentigines, die bereits im Kindesalter auftreten, wecken den Verdacht auf das potenziell tödliche Peutz-Jeghers-Syndrom (Abb.). Dabei handelt es sich um eine autosomal dominant vererbte Erkrankung, die meist durch eine Mutation auf dem Chromosom 19 (STK11-Gen) entsteht. Sie führt zu multiplen Polypen mit erhöhtem Entartungsrisiko. Die Tumoren können sich am gesamten Gastrointestinaltrakt inkl. Pankreas, Ösophagus und Gallenwegen manifestieren, aber auch andere Regionen befallen.
Das Adenoma sebaceum macht sich mit blass-rötlichen bis rötlich-bräunlichen, eventuell auch hautfarbenen Papeln mit 0,1–0,5 cm Durchmesser bemerkbar. Diese treten disseminiert zentrofazial an den Wangen und nasolabial auf. Histologisch handelt es sich um Fibroadenome und Angiofibrome. Wegen des akneähnlichen Aussehens und Verteilungsmusters werden diese oft mit einer Talgdrüsenerkrankung verwechselt. Wenn sich bereits in der Kindheit mehr als drei Angiofibrome entwickeln, ist eine tuberöse Sklerose auszuschließen. Bei multiplen Angiofibromen, die sich erst im Erwachsenenalter ausbilden, ist auch an ein Birt-Hoggs-Dubé-Syndrom oder eine multiple endokrine Neoplasie Typ 1 zu denken.
Fibrofollikulome haben einen Durchmesser von 0,2–0,5 cm. Sie treten meist erst im Erwachsenenalter und in großer Zahl auf. Es handelt sich um kuppelartige helle Papeln. Befallen werden Gesichtshaut, Hals, Ohren und Oberkörper. Kritisch wird es, wenn gleichzeitig Bronchiektasien und Lungenzysten vorliegen und in der Familie vermehrt solche Hauterscheinungen und Malignome (v.a. an Niere, Schilddrüse, Kolon) vorkommen. Denn dann liegt ein Birt-Hoggs-Dubé-Syndrom nahe.
Beim autosomal-dominanten Cowden-Syndrom bilden sich typischerweise multiple Hamartome der Haut und Mukosa. Als pathognomonisch gelten orale Schleimhautpapillome und akrale oder palmoplantare Keratosen, multiple Haarfollikeltumoren sind ebenfalls ein Hinweis. Neben Hautveränderungen und Polypen finden sich beim Cowden-Syndrom gehäuft maligne Tumoren, vor allem an Brust und Schilddrüse.
Wenn sich im Kindes- oder frühen Erwachsenenalter gelbliche Papeln und Plaques lateral am Hals und in den großen Gelenkbeugen entwickeln, ist an das autosomal-rezessiv vererbte Pseudoxanthoma elasticum (Abb.) zu denken. Die zunächst einzeln stehenden Knötchen können einen Durchmesser von 1 cm erreichen. Im weiteren Verlauf stehen die Papulae zunehmend dichter, wodurch ein kopfsteinpflasterartiges Hautrelief entsteht.
Teleangiektasien (Abb.) zeigen sich als dunkelrote Flecken, die sich mit dem Glasspatel wegdrücken lassen. Sie bilden sich an Wangen, Ohrmuscheln und Lippen aus, können aber auch an Händen, Füßen und am Stamm auftreten. Die Kombination mit einer seit der Kindheit bestehenden rezidivierenden Epistaxis spricht für einen M. Osler.
Angiokeratome (Abb.) imponieren als kleine purpurrote bis schwarzrote rundliche bis kugelige Papeln. Diese treten isoliert oder clusterartig bzw. an multiplen Stellen auf. Es handelt sich um gutartige Angiome. Histologisch fallen Kapillarektasien unter einer verbreiterten, eventuell hyperkeratotischen Epidermis auf. Von einem Angiokeratoma diffusum spricht man, wenn die Veränderungen mit multipler Aussaat bereits seit der Kindheit bestehen. In diesem Fall ist ein Morbus Fabry auszuschließen.
Quelle: Mettang T, Streit M. „Hautveränderungen als Schlüssel zur Diagnose systemischer Erkrankungen“, Akt Dermatol 2023; 49: 223-232; DOI: 10.1055/a-1862-3451 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York