Gesunde Ernährung eine Altersfrage Hochbetagte brauchen reichlich Proteine und viel Salz
Für alte Menschen gelten andere Ernährungsregeln als für junge. Wenig Obst, lieber Mischbrot als Vollkornbrot, ausreichend Salz und täglich Käse: Das alles gehört zu einer gesunden Ernährung für Menschen über 80. Wer möchte, darf sich zum Abendbrot ein kleines Glas Rotwein gönnen.
Im Senium nehmen Knochen- und Muskelmasse ab, die Fettmasse steigt. Die Resorptionskapazität des Darms sinkt und metabolische Vorgänge verlangsamen sich. Darunter leidet besonders die Muskulatur. Motorisch äußert sich die zunehmende Muskelschwäche z. B. in einer verstärkten Fallneigung, schreibt ein Team um Prof. Dr. Nikolaus Netzer vom Hermann Buhl Institut für Hypoxie- und Schlafmedizinforschung. Die respiratorische Muskelschwäche führt zu einer Abnahme der Lungenfunktion und einem Anstieg des Pneumonierisikos. Die Magensäureproduktion geht zurück und die alternde Niere verliert vermehrt Proteine und Salze. Die Leber ist nur noch eingeschränkt in der Lage, Fruktose und Laktose zu verstoffwechseln.
Was bedeuten diese Veränderungen für die Ernährung? Zum einen muss die Proteinzufuhr erheblich gesteigert werden, um einer Sarkopenie vorzubeugen. Während für einen gesunden 100 kg schweren Mann in mittlerem Lebensalter 70 g Proteine pro Tag empfohlen werden, braucht ein gleich schwerer Greis 200 g täglich. Mit einer vegetarischen oder gar veganen Ernährung ist dies nicht zu erreichen und eine Malnutrition vorprogrammiert.
Auch Atemmuskeln trainieren
Zum Erhalt der muskulären und pulmonalen Funktion und zur Prävention von Stürzen trägt auch eine regelmäßige körperliche Aktivität bei. Dabei ist ein Kraft- bzw. Widerstandstraining wichtiger als ein Ausdauertraining. Bewährt hat sich zudem die tägliche Verwendung kleiner Hilfsgeräte für ein Atemtraining wie Flutter oder Tri-Ball.
Salz, Kalzium und Kalium müssen der Nahrung von Hochbetagten meist zugesetzt werden. Auch auf eine ausreichende Zufuhr von B-Vitaminen und Folsäure ist zu achten und ggf. eine Supplementierung einzuleiten. Nahrungsmittel, die reich an Fruktose (frisches Obst) oder Laktose sind, sollten sehr alte Menschen nur in geringen Mengen zu sich nehmen. Gegen Alkohol in kleinen Mengen ist auch nahe am Lebensende nichts einzuwenden, aber immer zusammen mit einer Mahlzeit.
Wie soll der tägliche Speiseplan für die Ältesten also aussehen? Geeignet ist ein Mischbrot mit hohem Weizen- und geringem Roggenanteil, das beim Verzehr auch schon mindestens einen Tag alt sein sollte. Ballaststoffe sollten eine Menge von 8–12 g pro Tag nicht überschreiten. Vollkornbrot z. B. ist deshalb eher ungesund.
Ideale Kohlenhydratquelle sind gekochte Kartoffeln, die nicht nur gut aufschließbare Kohlenhydrate, sondern auch Proteine, B-Vitamine und wichtige Mineralien enthalten. Auch Reis kommt als Kohlenhydratquelle in Betracht, am besten Parboiled-Reis.
Zum Frühstück sind vor allem Haferflocken und Hüttenkäse oder Quark zu empfehlen, eine ideale Kombination aus Kohlenhydraten und Proteinen. Bis zu dreimal wöchentlich kann auch ein Frühstücksei als Proteinquelle hinzukommen.
Ganz ohne Fleisch lässt sich die nötige Proteinzufuhr nicht erreichen. Besonders geeignet ist Rindfleisch, das den höchsten Proteingehalt aufweist und darüber hinaus Eisen, B-Vitamine und Folsäure enthält. Auch Fisch, vor allem fettreiche Arten, kann Proteine liefern, darüber hinaus auch Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Kalzium. Die am besten geeignete fleischfreie Proteinalternative sind Kichererbsen.
Zu empfehlen ist auch ein Salat, angemacht mit Essig oder Zitrone zum Ausgleich der eingeschränkten Magensäureproduktion und Rapsöl, welches besonders reich an Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren ist.
Neben Rindfleisch ist Gemüse jeder Art eine wichtige Mineralien-Quelle. Dabei sind Tiefkühlgemüse manchmal gesünder als frische Produkte. Denn der Gehalt an Vitaminen und Folsäure bleibt durch das Schockgefrieren erhalten, während er im frischen Gemüse nach der Ernte in wenigen Tagen abnimmt.
Das ideale Abendessen für den betagten Menschen ist ein guter Käse mit Mischbrot, wer mag, darf sich ein Gläschen Rotwein gönnen. Frisches Obst und vor allem Obstsäfte sollten wegen ihres hohen Fruktosegehalts nur in kleinen Mengen konsumiert werden, z. B. ein geschälter Apfel pro Tag.
Quelle: Netzer NC et al. Dtsch Z Sportmed 2024; 75: 243-249; DOI: 10.5960/dzsm.2024.617