Jeder sechste Leichtathlet hat oder hatte Selbstmordgedanken

Autor: Dr. Daniela Erhard

Laut einer schwedischen Umfrage haben etwa 15 % der Sportler schon darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen. (Agenturfoto) Laut einer schwedischen Umfrage haben etwa 15 % der Sportler schon darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen. (Agenturfoto) © Drazen – stock.adobe.com

Eine Umfrage in Schweden zeigt: Jeder sechste Leistungssportler dort hat schon einmal über Suizid nachgedacht. Eine große Rolle dabei spielten sexueller Missbrauch, niedriges Kohärenzgefühl und Vermeidungsverhalten.

Doping, Missbrauch, Rassismus – im Leistungssport gibt es viele Baustellen. Der Suizid-Prävention hat man bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei wäre das durchaus nötig: Laut einer Umfrage unter (ehem.) Leichtathleten des schwedischen National­kaders haben 17 % der männlichen und 14 % der weiblichen Sportler schon einmal darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen.

Wie die Forscher um Professor Dr. Toomas Timpka von der Universität Linköping feststellten, versechsfachte sexueller Missbrauch dieses Risiko – allerdings primär bei Frauen. Von ihnen gaben 15 % – und damit dreimal mehr als von den Männern – an, schon einmal sexuell belästigt oder missbraucht worden zu sein. Ein weiterer Faktor, der Sui­zidgedanken bei beiden Geschlechtern begünstigte, war der Umgang mit belastenden Situationen im Alltag. Athletinnen, die ein niedriges Kohärenzgefühl mitbrachten, waren vulnerabler. Bei den Männern machte Vermeidungsverhalten, u.a. Drogenkonsum, Suizidgedanken um die Hälfte wahrscheinlicher. Körperliche Misshandlungen, die bei etwa jedem siebten Sportler und jeder zwölften Sportlerin vorkamen, beeinflussten die Suizidalität dagegen scheinbar nicht.

Jüngere sind womöglich besonders gefährdet

Sorge bereitet den Autoren, dass schützende Eigenschaften – mehr Kohärenz und weniger Vermeiden – bei Jüngeren noch nicht so gefestigt sind wie bei Älteren. Die Teilnehmer ihrer Studie waren jedoch im Mittel schon 29 Jahre alt und damit relativ erfahren. Möglicherweise seien die Folgen in Nachwuchsteams also noch größer als hier beobachtet.

Quelle: Timpka T et al. Br J Sports Med 2021; 55: 198-205; DOI: 10.1136/bjsports-2019-101386


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