Brustkrebs Junge Patient:innen mit gBRCA1/2-Mutation können bedenkenlos schwanger werden
Von wichtigen Ergebnissen für die Fertilitätsberatung von Personen mit frühem Mammakarzinom und pathogenem BRCA1/2-Mutationsnachweis in der Keimbahn (gBRCA1/2) sprach Prof. Dr. Dr. Matteo Lambertini, Universität Genua. Bislang war die Evidenz für diese Patient:innen gering. Im Fokus einer internationalen multizentrischen retrospektiven Kohortenstudie standen folgende Fragen:
- Wie wahrscheinlich ist eine Schwangerschaft nach erfolgreich behandelter Brustkrebserkrankung bei jungen Betroffenen mit pathogenem gBRCA1/2-Mutationsnachweis?
- Beeinträchtigt die Therapie ihre Fertilität?
- Verschlechtert sich die Prognose durch eine Schwangerschaft?
Zwischen Januar 2000 und Dezember 2020 schlossen die Forschenden insgesamt 4.732 Erkrankte (≤ 40 Jahre) mit invasivem Mammakarzinom der Stadien I–III und pathogenen gBRCA1/2-Mutationen nach abgeschlossener Behandlung in die Studie ein. Primäre Endpunkte umfassten die kumulative Schwangerschaftsrate sowie das krankheitsfreie Überleben (DFS). Um die Auswirkungen der Zeitverzerrung auf das Ergebnis abzuschwächen, wurden zwei Analysen mit unterschiedlichen Verfahren durchgeführt: ein erweitertes Cox-Modell sowie eine gematchte Fall-Kontroll-Analyse.
659 Patient:innen wurden nach der Brustkrebserkrankung schwanger. Im Vergleich mit der nicht-schwangeren Kohorte wiesen sie häufiger pathogene gBRCA1-Mutationen auf, waren bei der Erstdiagnose jünger (median 30 vs. 35 Jahre), hatten keinen Lymphknotenbefall und einen negativen HR-Status.
Knapp 80 % der Schwangeren (79,7 %) haben normal entbunden, einen vorzeitigen Abgang erlitten 9,7 % und knapp 4 % waren zum Auswertungszeitpunkt noch schwanger. Die Komplikationsrate während der Schwangerschaft und bei der Geburt fiel jeweils gering aus. 91 % der Patient:innen haben nach ≥ 37 Wochen entbunden, in 9 % der Fälle kam es zu einer Frühgeburt. Nur vier Kinder (0,9 %) wurden mit einer angeborenen Abnormalität geboren.
Personen mit HR- Tumoren wurden häufiger schwanger
Innerhalb von zehn Jahren betrug die kumulative Schwangerschaftsrate 22 %. Mit 26 % versus 18 % lag sie in der Gruppe der Patient:innen mit HR- Tumoren signifikant höher als in derjenigen mit HR+-Status (p < 0,01). Die HR- Erkrankten wurden zudem schneller schwanger – nach median 3,2 Jahren ab Brustkrebs-Diagnose versus 4,3 Jahre (p < 0,01).
Die Schwangerschaft hatte keine negativen Auswirkungen auf die Prognose der Mutter. Im Vergleich mit der nicht-schwangeren Kohorte ergaben sich keine Nachteile hinsichtlich des DFS (HR 0,97; p = 0,74 bzw. adjustierte HR 0,99; p = 0,90; gematchte Analyse: HR 0,63). Die Personen in der schwangeren Kohorte hatten darüber hinaus ein längeres brustkrebsspezifisches Überleben (HR 0,53 bzw. aHR 0,60; jeweils p < 0,01; gematchte Analyse: HR 0,43) und ein besseres Gesamtüberleben (HR 0,52 bzw. aHR 0,58; jeweils p < 0,01; gematchte Analyse: HR 0,43).
Referent zieht ein insgesamt positives Fazit
Laut Prof. Lambertini stellt eine Schwangerschaft bei jungen Patient:innen mit frühem Mammakarzinom und Nachweis von pathogenen gBRCA1/2-Mutationen keine Kontraindikation nach abgeschlossener Behandlung dar. Die Komplikationsrate während Schwangerschaft und Geburt sei nicht erhöht. Die Prognose der Mutter werde durch die Schwangerschaft nicht negativ beeinflusst.
Quelle:
Lambertini M et al. SABCS 2023; Abstract GS02-13