Krebs in der Schwangerschaft „Keine schlechtere Prognose“

DKK 2024 Autor: Lara Sommer

39 % der Krebsfälle in der Schwangerschaft entfallen auf Mammakarzinome. Es folgen Zervixkarzinome, Lymphome und Ovarialtumoren. 39 % der Krebsfälle in der Schwangerschaft entfallen auf Mammakarzinome. Es folgen Zervixkarzinome, Lymphome und Ovarialtumoren. © Pixel-Shot - stock.adobe.com

Mit dem steigenden Durchschnittsalter Schwangerer nimmt auch deren Risiko für ein Malignom zu. Ein Überblick, was bei Dia­gnose und Therapie zu bedenken ist.

Eine von 1.000 Schwangerschaften wird durch eine Tumor­erkrankung verkompliziert, erinnerte PD Dr. ­Laura ­Michel, Universitätsklinikum Heidelberg, zum Einstieg. Bei etwa zwei Dritteln davon handele es sich um gynäkologische Malignome. Diese Diagnosen erhalten Betroffene häufig verzögert: „In der Schwangerschaft verändert sich der Körper einer Frau, und tumorassoziierte Symptome werden oft fehlgedeutet – sowohl von Patient:innen als auch Ärzt:innen.“ Unter einer adäquaten Therapie sei die Prognose Schwangerer aber prinzipiell nicht schlechter als die anderer Krebserkrankter.

Grundsätzlich stehen auch während der Gravidität ausreichend dia­gnostische Optionen zur Verfügung:

  • Ultraschall
  • Stanzbiopsie
  • MRT (ohne Gadolinium)
  • ggf. Mammografie mit Bleischürze
  • ggf. Röntgen oder low-dose-CT des Thorax mit Bleischürze

Knochenszintigrafie und PET-CT gelten allerdings aufgrund der Strahlendosis als kontraindiziert. Man sollte Patholog:innen über die Schwangerschaft informieren, da beispielsweise Brustdrüsengewebe in dieser Situation anders aussieht. Auch Tumormarker, vor allem CA 125 und CA 15-3, können verändert sein.

 „Die beiden großen Säulen in der Schwangerschaft sind die OP und die Chemotherapie“, fasste die Onkologin die Prinzipien der Behandlung zusammen. Der ideale Zeitpunkt für eine Resektion liegt im zweiten Trimester. Vorher gehen Eingriffe mit einem erhöhten Risiko für Spontan­aborte einher, wohingegen sich eine Operation kurz vor der Geburt praktisch schwierig gestaltet. 

Aufgrund einer erhöhten Fehlbildungsgefahr sollte eine Chemotherapie erst ab der 12.–14. SSW beginnen. Viele der gebräuchlichsten Zytostatika, beispielsweise Anthrazykline, Platinderivate und Taxane, können Ärzt:innen im zweiten und dritten Trimester einsetzen, bei einer leicht erhöhten Rate an Frühgeburtlichkeit und Wachstumsretardierung. U.a. Methothrexat und hoch dosierte Alkylanzien stellen in dieser Hinsicht wichtige Ausnahmen dar. Für die Dosisberechnung zählt das tatsächliche aktuelle Gewicht der Erkrankten. Eine zytostatische Therapie sollte um die 35. SSW enden, damit sich die Blutzellen bis zur Geburt regenerieren können.

Viele zielgerichtete Wirkstoffe eignen sich nicht für Schwangere, so verursacht etwa Trastuzumab ein Oligohydramnion. „Allgemein kann man sich merken: Zielgerichtete Therapien nicht in der Schwangerschaft, und das gilt auch für die endokrine Therapie“, fasste Dr. ­Michel zusammen. Immuntherapien gelten ebenfalls als tabu. Eine Bestrahlung sei in der Frühschwangerschaft zwar unter Schutzvorkehrungen in Einzelfällen möglich, aber kein Standard.

Die Expertin plädiert dafür, Betroffene engmaschig zu überwachen und möglichst an Pränatalzentren zu betreuen: „Jede Schwangere mit einer Tumorerkrankung ist eine Hochrisikoschwangere.“ Für das Kind stelle Frühgeburtlichkeit ein deutlich höheres Risiko dar als Zytostatikaexposition, sodass das Ziel in einer terminnahen Entbindung bestehen sollte. Nach der Geburt kann eine Behandlung uneingeschränkt erfolgen. Solange Patient:innen systemische Therapien erhalten, dürfen sie allerdings nicht stillen.

Quelle: Michel L. 36. Deutscher Krebskongress 2024; Vortrag „Schwangere Frauen mit Krebserkrankung“