Großhirn an Maschine Kabellose Schnittstelle könnte körperlich eingeschränkten Menschen den Alltag erleichtern

Autor: Sabine Mattes

Selbstlernende Wearables könnten künftig den Alltag von Menschen mit körperlichen Einschränkungen erleichtern. Selbstlernende Wearables könnten künftig den Alltag von Menschen mit körperlichen Einschränkungen erleichtern. © Kateryna Kovarzh – stock.adobe.com

Nur mit der Kraft der Gedanken eine Handprothese steuern? Trotz kompletter ­Lähmung einen Rollstuhl manövrieren? Ein selbstlernendes ­Wearable macht es möglich.

Eine sogenannte Brain-Machine-Schnittstelle übersetzt die Aktivität im Gehirn direkt in die entsprechenden Kommandos, ohne das periphere Nervensystem einzubeziehen. Die dabei zur Signalerfassung am häufigsten genutzte nicht-invasive Methode ist die Elektroenzephalographie (EEG). Hierfür werden neben einer ziemlich unhandlichen Elektrodenkappe ein Wust an Kabeln und reichlich Gel benötigt. Die Impulsaufnahme gelingt mit der Technik von heute eher schlecht und wird regelmäßig durch unwillkürliche Bewegungen wie Blinzeln oder Zähneknirschen gestört. 

Eine Gruppe Wissenschaftler um Dr. ­Musa ­Mahmood vom ­Georgia Institute of Technology in Atlanta hat ein deutlich komfortableres Brain-Machine-­Interface entwickelt, das komplett ohne Kabel auskommt. Es besteht aus Mikronadel-Kopfhautelektroden, einer Virtual-Reality-Brille und einem selbstlernenden Algorithmus. 

Signalqualität besser als beim Standard-EEG

Im Unterschied zu den bislang verfügbaren Geräten sei das neue System weich und angenehm zu tragen, heißt es in einer begleitenden Pressemitteilung zur Publikation. Zudem falle die Signalqualität im Vergleich zur gängigen EEG wesentlich besser aus. Die Virtual-Reality-Umgebung half den Testpersonen, Einfluss auf ihre Vorstellungskraft zu nehmen und sich auf die gestellten Aufgaben zu fokussieren. Die Genauigkeit von Signalaufnahme und -verarbeitung blieb erhalten, als die Probanden nach der Trainingsphase ohne die Virtual-Reality-Brillen auskommen mussten. 

Besonders für körperlich eingeschränkte oder bewegungsunfähige Menschen oder auch für Patienten mit Locked-in-Syndrom könnte die neuartige Technik die Lebensqualität enorm verbessern. Das Wearable wurde bisher mit vier Anwendern getestet, die Erprobung an körperlich eingeschränkten Menschen steht noch aus.

Quelle:
1. Mahmood M et al. Adv Sci (Weinh) 2021; 8: e2101129; DOI: 10.1002/advs.202101129
2. Pressemitteilung Georgia Institute of Technology

Dieser Patient steuert seinen Rollstuhl mithilfe seiner Gedanken. Die nötige Hardware ist bislang allerdings recht sperrig. Dieser Patient steuert seinen Rollstuhl mithilfe seiner Gedanken. Die nötige Hardware ist bislang allerdings recht sperrig. © mauritius images/Friedrich Stark/Alamy