Troponin-Grenzwert (Kein) Myokardschaden nach Herz-OP
Eine der häufigsten Komplikationen nach herzchirurgischen Eingriffen ist ein Myokardinfarkt. Um diesen zu entdecken, messen viele Kliniken das hochsensitive Troponin I (hs-TnI). Der in Konsensusempfehlungen beschriebene Grenzwert für einen relevanten periprozeduralen Schaden reicht allerdings vom 10-Fachen der oberen Norm bis zum 70-Fachen, schreiben Prof. Dr. Philip Devereaux vom Hamilton General Hospital in Ontario und Kollegen.
In der multizentrischen, prospektiven VISION-Studie haben die Forscher die Beziehung zwischen dem postoperativen hs-TnI-Höchstwert und der 30-Tage-Sterblichkeit untersucht. Die Kohorte bestand aus 13.862 Patienten, die sich einer Herz-OP unterzogen. Etwa die Hälfte erhielt einen Bypass, jeder Achte einen isolierten Aortenklappenersatz bzw. -reparatur. Der hs-TnI-Level wurde vor dem Eingriff, 3–12 Stunden danach sowie an den postoperativen Tagen 1, 2 und 3 bestimmt. Initial lag der mediane Spiegel bei 9 ng/l. Insgesamt starben 2,1 % der Teilnehmer innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation.
Ergebnis gilt nur für das eingesetzte Assay
Für Patienten mit Bypass- oder Klappeneingriff fand sich erst ab einem hs-TnI von 5.670 ng/l im Laufe des ersten postoperativen Tages eine erhöhte 30-Tage-Mortalität. Dieser Wert entsprach dem 218-Fachen der oberen Norm (26 ng/l). Bei denjenigen mit anderen herzchirurgischen Eingriffen wurde sogar eine Schwelle von 12.981 ng/l festgestellt.
Der hs-TnI-Spiegel, der ein erhöhtes Sterberisiko nach einer Herz-OP anzeigt, liegt somit um ein Vielfaches über den postulierten Grenzwerten, fassen die Studienautoren zusammen. Allerdings gelte dies ausschließlich für das in der Studie eingesetzte Assay und lasse sich nicht ohne Weiteres auf andere Troponin-Tests übertragen.
Quelle: Devereaux PJ et al. N Engl J Med 2022; 386: 827-836; DOI: 10.1056/NEJMoa2000803